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2. Kapitel: Die grundlegenden Voraussetzungen des Kommunismus

a) Die kommunistische Definitorik

Jede wissenschaftliche Theorie wird in Worten, oder auch Symbolen, formuliert. Solche Worte bezeichnen Dinge, Vorgänge, Eigenschaften und verschiedenste logische und andere Beziehungen.
Worte haben aber nicht automatisch eine bestimmte Bedeutung. Verschiedene Menschen interpretieren gleiche Worte oft völlig verschieden, und der gleiche Mensch verwendet das gleiche Wort bei verschiedenen Gelegenheiten mit unterschiedlicher Bedeutung.
Für eine wissenschaftliche Betrachtung ist es entscheidend, genau zu wissen, worum es überhaupt geht, um genügend exakte Aussagen machen zu können. Soll eine wissenschaftliche Aussage zwischen Menschen diskutiert werden, müssen alle Beteiligten im Wesentlichen dasselbe unter den entscheidenden Wörtern verstehen. Sonst ist es möglich, dass sie glauben, sich zu verstehen, obwohl sie bei den gleichen Worten an mehr oder weniger voneinander verschiedene Objekte denken. So entstehen Missverständnisse, im Extremfall sogar absichtlich herbeigeführte Betrugsversuche, die eine wirkungsvolle Verständigung verhindern können.
Die von den Menschen benutzte Umgangssprache besteht zwar aus Wörtern, denen die Menschen, die diese Sprache beherrschen, aufgrund ihrer Spracherfahrung in etwa gleiche Bedeutungen beimessen. Aber meist ist diese Übereinstimmung für wissenschaftliche Zwecke nicht groß genug, oder es fehlen sogar Worte, um ein bestimmtes Objekt zu bezeichnen. Die Umgangssprache ist relativ unexakt und nur selten eindeutig. Ihre Worte haben oft sogar mehrere Bedeutungen.
Eine wissenschaftliche Theorie benutzt die Umgangssprache, insofern diese genau genug ist. Sie ist jedoch darauf angewiesen, sich für die Objekte, die für ihr Verständnis entscheidend sind, ein System spezieller Definitionen zu schaffen, mit dessen Hilfe die notwendige Genauigkeit erreicht werden kann. Die Identifizierung eines bestimmten Wortes oder Symbols mit einem bestimmten Objekt wird Definition genannt. Eine Definition verknüpft ein Element des Denkens, ein Wort, mit einem Element der Realität in bestimmter Abstraktionsstufe oder mit einem anderen Element des Denkens.
Prinzipiell können Definitionen beliebig frei gewählt werden. Sie müssen aber jedem bekannt gemacht werden, der wissenschaftliche Aussagen mit dem betreffenden Wort verstehen soll.
Definitionen erfüllen ihren Zweck, wenn sie so gewählt werden, dass mit ihrer Hilfe Objekte besonders klar und eindeutig bezeichnet werden können. Dabei ist es im Sinne der Verständlichkeit meist sinnvoll, Worte der Umgangssprache zu benutzen, sie aber nicht künstlich umzudeuten, sondern ihre allgemein anerkannte Bedeutung nur geeignet zu konkretisieren und zu standardisieren.
Definitionen können zwar richtig oder falsch angewandt werden, sie können aber nie wahr oder falsch sein, da sie frei gewählt werden können. Sie enthalten keine Aussagen über ein gegebenes Objekt, die sich dafür als wahr oder falsch erweisen könnten, sondern sie ersetzen ein mögliches Objekt durch ein Wort. Sind die Aussagen einer Definition bei einem bestimmten Objekt wahr, dann wird dieses Objekt durch das Wort bezeichnet, sonst nicht.
Das entscheidende Kriterium für Definitionen ist nicht die Wahrheit, sondern ob sie für den Zweck, Klarheit zu schaffen, geeignet oder ungeeignet sind. Um dazu geeignet zu sein, muss eine Definition eindeutig und wesentlich sein.
Eine Definition ist eindeutig, wenn sie vollständig, nicht redundant und konsistent ist.
Ist eine Definition nicht vollständig, reichen die in ihr enthaltenen Informationen nicht aus, um ihr Objekt eindeutig zu charakterisieren. Dann beschreibt sie in Wirklichkeit eine größere Menge als beabsichtigt.
Ist eine Definition redundant, enthält sie mehr Informationen, als zur eindeutigen Charakterisierung ihres Objektes nötig sind. Solche überflüssigen Informationen sind entweder zu stark einschränkend oder unwesentlich. Dadurch machen sie die Definition unnötig unübersichtlich, oder sie stellen von den anderen abhängige Eigenschaften dar und verhindern somit eine klare Trennung von Ursache und Folge und damit eine klare Klassifizierung des Objektes.
Ist eine Definition inkonsistent, enthält sie logische Widersprüche. Sie enthält dann Informationen, die nicht gleichzeitig wahr sein können. Damit beschreibt sie ein Objekt, das überhaupt nicht existieren kann, weder real noch ideell.
Eine Definition muss für eine wissenschaftliche Untersuchung, in der sie verwendet wird, wesentlich sein. Eine Definition soll immer ein Objekt von anderen abgrenzen. Diese Abgrenzung muss so erfolgen, dass hauptsächlich solche Informationen zur Definition herangezogen werden, aus denen klar diejenigen Unterschiede der verschiedenen Objekte hervorgehen, die für eine wissenschaftliche Bewertung wesentlich sind. Die Informationen, die keine wesentlichen Schlussfolgerungen zulassen, dürfen hingegen nicht die entscheidende Position in einer Definition einnehmen.
Hier liegt die größte Gefahr der Definitorik. Es ist nämlich möglich, Definitionen so zu wählen, dass zusammengehörige Objekte getrennt und grundverschiedene Objekte gleichgesetzt werden. Ist das erst einmal geschehen und akzeptiert worden, sind kaum noch korrekte Schlussfolgerungen möglich, können die wahren Verhältnisse verschleiert werden. So können Ursachen von Problemen nicht mehr erkannt werden und Menschen mit eigentlich gleichen Interessen stellen sich gegeneinander und folgen Menschen, die in Wahrheit ihre Gegner sind.
Daher ist es für die Theorie der kommunistischen Gesellschaft außerordentlich wichtig, geeignete, also eindeutige und wesentliche Definitionen zu finden.
Für die Theorie der kommunistischen Gesellschaft wird eine gewisse Zahl von Definitionen aus anderen Gebieten vorausgesetzt, die nicht explizit formuliert werden. Die für das Verständnis der Theorie unerlässlichen Definitionen werden jedoch dort genannt, wo sie zum erstenmal eine wesentliche Rolle spielen. Diese Definitionen benutzen nur teilweise Kunstwörter, meist werden Worte der Umgangssprache verwendet. Die Bedeutung solcher Worte hängt meist stark vom Kontext ab, in dem sie verwendet werden. Daher ist zu beachten, dass solche Definitionen nur innerhalb des Kontextes gelten, innerhalb dessen sie aufgestellt wurden, unabhängig von weiteren eventuell noch existierenden Bedeutungsvarianten.

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b) Die kommunistische Philosophie

Die Philosophie ist eine Wissenschaft. Ihr Gegenstand sind die grundlegendsten Gesetze des Seins und des Bewusstseins. Der Gegenstand der Philosophie ist sehr abstrakt und sehr kompliziert. Trotzdem haben philosophische Aussagen wesentliche praktische Konsequenzen für alle Bereiche des menschlichen Lebens, obwohl sie auf den ersten Blick lebensfern erscheinen mögen. Denn da philosophische Aussagen gerade die elementarsten Gesetze betreffen, muss jeder irgendwelche philosophischen Annahmen treffen, sobald er auch nur einen Finger rührt oder auch nur einen Gedanken denkt, auch wenn ihm diese seine Annahmen selbst gar nicht bewusst sind.
Die großen Einflussmöglichkeiten der Philosophie auf das menschliche Leben, speziell auf die Wertvorstellungen der Menschen, machen die Philosophie zu einem hervorragenden Werkzeug zur Manipulation. Daher wird die Philosophie in Ausbeutergesellschaften meistens nicht als Wissenschaft, sondern als Ersatzreligion betrieben. Ausbeuterphilosophie ist daher meist eine Pseudowissenschaft, deren Ziel nicht die Erklärung der Welt ist, sondern die Beeinflussung von Menschen, also nicht wirklich Philosophie, sondern eher ein Missbrauch der Psychologie. Und da es viele verschiedene Methoden gibt, Menschen zu manipulieren, scheint es auch viele verschiedene Philosophien zu geben.
Es gibt aber nur eine Wissenschaft Philosophie, die die Forderung an eine Wissenschaft erfüllt, real existierende Objekte zu untersuchen und dafür wissenschaftliche Methoden zu verwenden. Innerhalb dieser Wissenschaft Philosophie gibt es verschiedene historische Entwicklungsschritte der Erkenntnisgewinnung und auch verschiedene Auffassungen zu Fragen, die noch nicht geklärt werden konnten, aber das prinzipielle Herangehen ist einheitlich streng wissenschaftlich.
Wie jede Theorie geht die theoretische Philosophie von einer fundamentalen Grundfrage aus, aus deren Beantwortung weitere Fragen und Schlussfolgerungen abgeleitet werden. Dabei besteht aber das Grundproblem vieler extensioneller Theorien, die zwar eindeutig, nicht aber eineindeutig sind. Selbst wenn die abgeleiteten Aussagen mit der beobachtbaren Realität übereinstimmen, ist damit noch nicht das Grundprinzip bewiesen.
Durch ihren außerordentlich hohen Abstraktionsgrad und damit ihre Ferne von konkreten Objekten der unmittelbaren Erfahrung stößt die Philosophie auf besonders viele Fragen, die mehrere Antwortmöglichkeiten besitzen, deren Wahrheitswerte weder theoretisch noch empirisch bestimmt werden können. Zwar können bestimmte Antwortmöglichkeiten plausibler erscheinen als andere, da sie eher der praktischen Erfahrung entsprechen, aber vielfach sind sie prinzipiell nicht beweisbar oder widerlegbar. Das gilt vor allem für die Fragen, die direkt oder indirekt den Prozess des Beweisens selbst betreffen. Die wissenschaftliche Philosophie darf hier also keine Entscheidung zugunsten einer der unbewiesenen Möglichkeiten treffen, sondern muss prinzipiell alle Möglichkeiten zulassen. Im Gegensatz dazu enthalten philosophische Pseudowissenschaften meist ein Dogma, dass eine Möglichkeit zur einzig gültigen Wahrheit bestimmt, ohne einen Beweis dafür zu liefern.
Es scheint, dass sich die wissenschaftliche Philosophie infolge ihrer Offenheit zu einem unübersehbaren und nicht aussagekräftigen Chaos ausweiten müsste. Dass sie es nicht tut, liegt darin begründet, dass viele Antwortmöglichkeiten an irgendeinem Punkt der Untersuchung Schlussfolgerungen ergeben, die die weitere Verfolgung dieses logischen Astes, ja sogar die Philosophie, die Wissenschaft, eventuell sogar jedes menschliche Handeln überhaupt logisch unnötig oder unmöglich machen. Wenn dieser Fall erkannt wird, bricht die philosophische Untersuchung ab, da der betreffende Antwortzweig zwar weiterhin prinzipiell möglich, aber praktisch völlig uninteressant ist, da daraus keinerlei theoretisch oder praktisch verwertbare Schlussfolgerungen zu ziehen sind.
Die Philosophie hat also zwei wichtige Aufgaben. Sie muss alle Antwortmöglichkeiten auf philosophische Fragen finden und daraus weitere Fragen und Schlussfolgerungen ableiten. Und sie muss Entscheidungen treffen, welche nichtwiderlegbaren Thesen als uninteressant zu verwerfen sind und welche nichtbeweisbaren Thesen als interessant zur Grundlage aller weiteren Untersuchungen zu machen sind.
Die Grundlage jeglicher sinnvoller Philosophie überhaupt ist, dass ein Objekt der Philosophie, also die materielle Welt, und dass ein Subjekt der Philosophie, also ein erkennendes Bewusstsein, existiert. Die Grundvoraussetzung, überhaupt Untersuchungen der materiellen Welt anstellen zu können, ist, dass die Welt und die Vorgänge in ihr prinzipiell erkennbar sind. Die Grundvoraussetzung dafür, dass es nicht nur möglich, sondern auch sinnvoll ist, solche Untersuchungen anzustellen, ist, dass sich die materielle Welt, sowohl die Natur als auch die Menschen als auch die Gesellschaft, nach objektiven Gesetzen bewegt, die unabhängig vom menschlichen Bewusstsein wirken, aber von ihm erkannt und ausgenutzt werden können. Dies sind die Grundannahmen der kommunistischen Philosophie. Sie sind nicht beweisbar, aber begründbar.
Gebe es keine materielle Welt, gebe es auch keine Philosophie, die sich mit ihr befassen könnte. Hätten die Menschen kein Bewusstsein, könnten sie keine Philosophie oder andere Wissenschaften betreiben, würden gar nicht wirklich existieren. Wären die Welt und die Vorgänge in ihr nicht erkennbar, könnten sich die Menschen jeden Versuch sparen, irgend etwas in Erfahrung bringen zu wollen. Gebe es keine wirkenden, erkennbaren und ausnutzbaren Gesetze, dann gäbe es keinerlei Vorhersehbarkeit und keinerlei Wissen, also auch keine sinnvollen Entscheidungen der Menschen, weil ihre Folgen sowieso unvorhersehbar wären. Alle diese Begründungen sind keine Beweise oder Widerlegungen, aber sie zeigen doch, dass die Grundannahmen der Philosophie die ungezwungenste Möglichkeit sind, die bisher gesammelten Erkenntnisse und Erfahrungen der Menschen zu erklären. Diese Grundannahmen macht jeder Mensch implizit und spontan, einfach indem er versucht, sein Leben zu leben und zu regeln. Ohne diese Grundannahmen wäre jedes gesellschaftliche Handeln, ja jedes Handeln überhaupt, sinnlos, weil ohne, zumindest ohne vorhersehbaren, Einfluss auf die Wirklichkeit.

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c) Die kommunistische Psychologie

Die kommunistische Gesellschaft bildet sich nicht selbständig heraus, sondern muss bewusst aufgebaut werden. Das kann nur geschehen, wenn es eine Kraft gibt, die zu bewussten Handlungen im Sinne der kommunistischen Grundprinzipien fähig ist. In der menschlichen Gesellschaft gibt es nur eine Kraft, die dazu in der Lage ist, den denkenden Menschen. Das Wesen des Menschen ist sein Bewusstsein, unabhängig von seiner äußeren Erscheinung und auch unabhängig davon, dass sein Bewusstsein, seine geistigen Fähigkeiten, verschieden weit entwickelt sein können.
Ein selbstorganisierendes Datenverarbeitungssystem, das die objektive Realität datenmäßig abbildet, wird Bewusstsein genannt. Die Eigenschaft der Selbstorganisation beinhaltet auch die Fähigkeit zur Selbstmotivation, also die Fähigkeit, sich selbst Ziele zu stellen. Die Selbstmotivation wird vom Abbild der objektiven Realität auf mögliche Ziele geleitet, die außerhalb des Bewusstseins liegen. Daher strebt ein Bewusstsein nach zielgerichteten Wechselwirkungen mit der objektiven Realität.
Damit die Menschen sowohl den Willen als auch die Fähigkeit besitzen, ihre gesamte Gesellschaft in all ihrer Komplexität völlig neu zu gestalten, müssen sie bestimmte psychische Eigenschaften besitzen, die sie nach der praktischen Erfahrung, wenn auch in unterschiedlichem Maße, auch tatsächlich besitzen.
Menschen werden von ihrer Motivation geleitet. Der Komplex der Triebkräfte, die einen Menschen zu zielgerichtetem Handeln bewegen, wird Motivation genannt. Menschen werden von Trieben, Emotionen und ihrer Moral geleitet, verschiedenste Wertvorstellungen, die biologisch, psychisch und sozial bedingt sind. Die Motivationen der verschiedenen Menschen können sich zwar stark voneinander unterscheiden, aber die Tatsache ihres Wirkens kann als durch die unmittelbare Lebenserfahrung ausreichend bestätigt angesehen werden.
Ein weiteres wesentliches Element des menschlichen Bewusstseins ist die Intelligenz. Der Komplex der Fähigkeiten zu denken, zu entscheiden und zu lernen, wird Intelligenz genannt. Die Intelligenz betrifft also die Fähigkeit zur Datenverarbeitung. Sie besteht außer der biologisch begründeten, niederbewussten Automatik aus dem psychisch bedingten Verstand und der sozial bedingten Vernunft. Der Verstand umfasst die formalen Fähigkeiten, Informationen logisch zu verknüpfen, von konkreten Informationen auf allgemeine Zusammenhänge zu schließen und Zusammenhänge zwischen scheinbar unabhängigen Informationen herzustellen.
Doch für ein zielgerichtetes Handeln genügt es nicht, dass diese Verstandesfähigkeiten der Logik, Abstraktion und Assoziation vorhanden sind, sie müssen auch den Erfordernissen entsprechend angewandt werden. Das zu gewährleisten ist Aufgabe der Vernunft. Die Vernunft umfasst die sachbezogenen Fähigkeiten, die eigene individuelle Motivation komplex zu durchschauen, seinen Verstand unbeeinträchtigt durch die Motivation zweckdienlich zu benutzen und seine Motivation beim Auftreten von Widersprüchen selbst zu korrigieren, also Vorurteile zu überwinden. Diese Vernunftsfähigkeiten der Selektion, Programmierung und Korrektur bedingen im Wesentlichen die Entscheidungs- und die Lernfähigkeit der Menschen. Ohne diese Fähigkeiten wären die Menschen nicht in der Lage, bewusst und gezielt gesellschaftlich tätig zu werden.
Dass Menschen prinzipiell zu vernünftigem Handeln fähig sind, wird ebenso durch die unmittelbare Lebenserfahrung bestätigt, wie dass sie zur verstandesmäßigen Erkenntnis fähig sind. Allerdings sind die Eigenschaften der Intelligenz keine absoluten Größen. Sie können bei verschiedenen Menschen ein unterschiedliches Grundniveau besitzen, sie entwickeln sich über die menschliche Lebenszeit, und sie schwanken kurzfristig aufgrund unterschiedlichster Einflüsse. Zudem benötigt ihre Anwendung eine gewisse Zeit, die ebenfalls von verschiedensten Faktoren abhängig ist.
Für die Theorie der kommunistischen Gesellschaft kommt es nun darauf an, dass die Intelligenz der Menschen ausreicht, die komplizierten gesellschaftlichen Vorgänge begreifen zu wollen und begreifen zu können. Zudem ist es nötig, dass die dafür benötigte Zeit nicht so lang ist, dass die Zerstörung der Gesellschaft und der Natur durch die Ausbeutergesellschaft nicht mehr rechtzeitig gestoppt werden kann, bevor sie endgültig wird. Zwar ist es unmöglich zu beweisen, dass die Intelligenz der Menschen dafür letztlich ausreicht. Aber immerhin zeigt die Geschichte der Menschheit, dass sich die menschliche Gesellschaft immer weiter entwickelt und auch schwere Rückschläge schließlich überwinden kann. Sie zeigt, dass die Menschen nicht nur individuell, sondern auch als gesamte Menschheit von Generation zu Generation lernen können. Das betrifft technisches Wissen ebenso wie Moral und sogar die Intelligenz selbst.
Das Bewusstsein und seine Eigenschaften bestehen und arbeiten auf der Basis physikalischer Strukturen und Prozesse. Da psychische Prozesse eine materielle Grundlage besitzen, verändern sie sich, wenn sich diese Grundlage verändert. Und da sie mit materiellen Prozessen verknüpft sind, die die materiellen Strukturen verändern, verändern psychische Prozesse auch ihre eigene materielle Grundlage und damit letztlich sich selbst. Darauf gründet sich die Möglichkeit, durch äußere Einflüsse und Anregungen nicht nur das Denken in bestimmte Bahnen zu lenken, sondern auch das gesamte Bewusstsein mehr oder weniger zu ändern.
Den bei weitem stärksten, weil dauerhaftesten Einfluss auf die Menschen üben ihre alltäglichen Lebensumstände aus, die sie ständig zwingen, sich mit ihnen zu befassen und sie zu bewältigen. Daher liegt die Annahme nahe, dass die Lebensumstände in weitem Umfang das Bewusstsein der Menschen bestimmen, ihnen eine bestimmte Moral aufprägen und spezielle psychische Eigenschaften schulen oder zurückdrängen. Das Sein bestimmt das Bewusstsein. Diese Annahme kann durch eine empirische Untersuchung des sozialen Verhaltens der Menschen recht gut begründet werden. Schon erheblich schwieriger ist es, die Richtung herauszufinden, in die verschiedene Menschen durch bestimmte äußere Einflüsse gelenkt werden.
Die Elemente der Motivation und Intelligenz bilden gemeinsam mit den Elementen der Empfindung, das sind Sensualität, Sensibilität und Intuition, und des Wissens, das sind Kenntnisse und Fertigkeiten, das Bewusstsein. Das menschliche Bewusstsein besitzt als Ganzes zwei wesentliche Eigenschaften beziehungsweise Seiten, die für das gesellschaftliche Zusammenleben extrem wichtig sind.
Zum einen besitzen Menschen Individualität. Jeder Mensch hat ganz individuelle Eigenschaften, speziell eine ganz individuelle, autonom existierende Motivation, einen eigenen Willen. Die individuellen Wertvorstellungen und Verhaltensweisen der Menschen können zwar durch soziale Wechselwirkungen korreliert sein, ja sogar manipuliert werden, bleiben aber auch dann immer autonom. Jeder Mensch kann zumindest prinzipiell eigene, individuelle Entscheidungen treffen und Gedanken denken, hat eigene Wünsche und Interessen, denn die Eigenschaft der Individualität liegt in der autonomen physischen Existenz jedes Menschen begründet.
Zum anderen besitzen Menschen Persönlichkeit. Die Form, in der sich ein Bewusstsein in gesellschaftlichen Wechselwirkungen ausdrückt, wird Persönlichkeit genannt. Der Eindruck, den ein Mensch macht, muss nicht dem entsprechen, was er denkt und fühlt. Menschen können aus den verschiedensten Gründen und auf verschiedenste Art lügen und betrügen. Außerdem besitzen sie derartig viele psychische Eigenschaften, dass sie ihre ganze Komplexität selbst dann nicht auf einmal zeigen könnten, wenn sie es wollten. Sie zeigen immer nur eine Seite, die der jeweiligen Situation entspricht. Daher müssen die Handlungen der Menschen sehr genau untersucht werden, wenn daraus Rückschlüsse auf ihre wahren Eigenschaften, ihre wahren Gedanken, ihre wahren Ziele gezogen werden sollen.

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d) Die kommunistische Sozialkybernetik

Die Wissenschaft von der Ausbreitung, Speicherung, Verarbeitung, Wechselwirkung, Entwicklung und Gesamtwirkung von Informationen in einem komplexen, logisch vernetzten System wird Kybernetik genannt. Die Kybernetik untersucht Informationsflüsse, die sich in komplexen logischen Netzen bewegen, die aus einer Vielzahl unterschiedlicher Elemente bestehen. Jedes dieser Elemente hat ganz spezifische Verbindungen mit anderen Elementen und einen ganz spezifischen Einfluss auf die hindurchströmenden Informationsflüsse. Grundlegendes Ziel der Kybernetik ist es, Gesetzmäßigkeiten zu finden, nach denen sich solche Netze als Gesamtheit verhalten, ohne die genauen Zustände und Aktionen jedes einzelnen Elementes zu kennen.
Eine Gesellschaft kann danach als ein sehr kompliziertes kybernetisches Netz angesehen werden, in dem eine Vielzahl von Beziehungen zwischen Individuen, sozialen Gruppen, der Natur und der Gesellschaft insgesamt bestehen. Eine im Einzelnen nicht übersehbare Menge von Prozessen laufen aufgrund dieser Beziehungen ab und ändern dabei diese Beziehungen wiederum. Die gesellschaftlichen Beziehungen und mithin die auf ihnen basierenden gesellschaftlichen Prozesse resultieren aus einer Vielzahl von Interessen, subjektiven Fähigkeiten und objektiven Möglichkeiten.
Die wesentlichste Forderung, die die Sozialkybernetik an einen stabilen gesellschaftlichen Mechanismus stellt, ist der Grundsatz der Autoregulativität. Die Forderung des kommunistischen Grundwirkungsprinzips nach einer dauernden Negation der Ausbeutung ist gleichbedeutend mit der Forderung, dass sich das betroffene System, also die kommunistische Gesellschaft, in einem zeitlich stabilen Zustand befindet. Eine solche Stabilität in einer Gesellschaft aus handelnden Menschen kann aber nicht statisch sein, da die Menschen durch ihre Handlungen ihre Umwelt, ihre Gesellschaft und schließlich auch sich selbst ständig verändern. Gefragt ist hier also ein dynamisches Gleichgewicht, also gesellschaftlichen Strukturen, die so gestaltet sind, dass sie sich ohne Einwirkung von außen selbst organisieren und ihre eigenen Grundlagen ständig und immer wieder von neuem reproduzieren. Das schließt ein, dass kleine Störungen des gesellschaftlichen Gleichgewichtes automatisch durch die vorhandenen Mechanismen ausgeglichen werden und nicht zu einem Verlassen der Gleichgewichtslage führen. Selbstorganisation und Selbstreproduktion werden unter dem Gesamtbegriff der Autoregulativität zusammengefasst. Die Grundprinzipien, auf denen eine kommunistische Gesellschaft aufgebaut wird, müssen folglich den gesellschaftlichen Reproduktionsprozess vollständig bestimmen und in ihm vollständig wieder reproduziert werden. Der Prozess muss autoregulativ sein, sich selbst, ohne äußere Stützung, stabil im Gleichgewicht halten. Da es sich hier um ein dynamisches Gleichgewicht handelt, ist auch gesichert, dass die gesellschaftliche Entwicklung dadurch nicht zum Stillstand kommt, sondern im Gegenteil ablaufen kann, ohne dadurch beschränkt zu werden, dass zusätzliche regelnde Eingriffe nötig werden.
Das ist die Methode, die die Sozialkybernetik für die Theorie der kommunistischen Gesellschaft zur Verfügung stellt, um nach gesellschaftlichen Strukturen und Mechanismen zu suchen, die für eine kommunistische Gesellschaft nötig sind. Diese Methode der Sozialkybernetik, eine Gesellschaft in ihren Informationsverknüpfungen auf logischer Grundlage zu untersuchen, macht es möglich, gesellschaftliche Vorgänge statistisch, also in ihrer Entwicklungstendenz, vorhersagbar zu machen. Über konkrete Ereignisse sind damit nur Wahrscheinlichkeitsaussagen möglich. Die allgemeine Entwicklungsrichtung kann aber sicher bestimmt werden, wenn die Gesetze betrachtet werden, denen das kybernetische Netz der Gesellschaft unterliegt. Aussagen über Menschen im Rahmen der Sozialkybernetik sind immer Aussagen über mehr oder weniger große gesellschaftliche Menschengruppen, nicht über einzelne konkrete Menschen. Sie müssen folglich nicht, nicht absolut oder nicht ausschließlich auf einzelne Menschen zutreffen, auch wenn sie zu der betreffenden gesellschaftlichen Gruppe gehören. Sie ergeben sich erst als statistisches Mittel der Eigenschaften, der Interessen und des Verhaltens aller Menschen der betreffenden gesellschaftlichen Gruppe. Außerdem gehören die Menschen nie nur einer gesellschaftlichen Gruppe an, sondern stehen in einer Vielzahl sozialer Beziehungen. Daher hängt es stark von der jeweiligen Situation ab, als Vertreter welcher gesellschaftlichen Gruppe sie im konkreten Einzelfall gerade wirken.

 

 

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