Virus-Logo (5658 Bytes)Mai 1999
Nr. 8

kritisch Stern konstruktiv

 

 

Schlagzeilen:

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Internationale Politik:

Krieg der Medien

Schon lange vor Beginn des NATO-Krieges gegen Jugoslawien tobte im Westen ein Krieg der Medien. Immer genau zur politisch passenden Zeit gab es plötzlich eine Vielzahl von Horrormeldungen. Immer wenn der Ablauf von Ultimaten des Westens bevorstand, wurde verstärkt von neuen Ungerechtigkeiten der Belgrader Führung berichtet. Man konnte fast den Eindruck gewinnen, die Serben seien verrückt, dass sie immer gerade während kritischer Situationen neue Verbrechen begehen und sich so der Gefahr eines westlichen Militärangriffes aussetzen. So wurde schon seit Jahren die Stimmung gegen die Serben und besonders gegen den jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic angeheizt. Und die jahrelange Berieselung zeigt Erfolg: jeder „weiß“ ja, dass Milosevic ein Verbrecher und Jugoslawien schuld am Krieg ist - Fakten braucht man da nicht mehr. Nach Ausbruch des Luftkrieges gegen Jugoslawien ist auch der Medienkrieg in eine neue Phase getreten. Nach der Kriegsvorbereitung durch Meinungsmanipulation steht nun die Rechtfertigung des Krieges und natürlich der Kriegsopfer auf der Tagesordnung.
Kriegsziele (8778 Bytes)Seit Kriegsbeginn hält die NATO täglich Pressekonferenzen zu den aktuellen Geschehnissen ab. Mit öffentlicher Information hat das freilich wenig zu tun, sondern mit Kriegspropaganda. Die immer gleichen Bilder von punktgenau einschlagenden Bomben und Raketen sollen beweisen, wie verantwortungsvoll und erfolgreich die NATO-Armeen sind. Immer wieder wird die Behauptung wiederholt, es würden nur militärische Ziele beschossen - auch im Angesicht der gegenteiligen Tatsachen. Jeder Treffer auf zivile Ziele wird entweder als Irrtum und bedauerlicher Einzelfall, oder als Schuld der Jugoslawen hingestellt. Wenn Flugzeuge albanische Flüchtlingstreks oder serbische Linienbusse beschießen, sind natürlich die Jugoslawen schuld, weil sie diese Zivilfahrzeuge als „menschliche Schutzschilde&147; missbrauchen. Wenn die chinesische Botschaft in Belgrad in Schutt und Asche gebombt wird, ist natürlich der jugoslawische Geheimdienst schuld, weil er die NATO-Spione an der Nase herumgeführt hat. Es ist ganz klar, dass diese endlose und jede Nacht fortgesetzte Serie von „Einzelfällen“ Methode hat. Als am 3. Mai dutzende Bomben mehrere Wohnhäuser, ein Krankenhaus und eine Fabrik in Valjevo trafen - Bilanz: 14 Verletzte und 2000 Obdachlose - meinte ein betroffener Anwohner dazu: „Wenn es wahr ist, dass die NATO chirurgisch präzise ist, dann sind offenbar tatsächlich wir ihre Ziele.“ Aber ebenso offenbar ist, dass wir hier im Westen das Ziel eines NATO-Medienkriegs sind. Und dieser Krieg ist nach wie vor erfolgreich, denn noch immer glauben die meisten Westeuropäer und Nordamerikaner den Behauptungen der „Friedenskämpfer“.
Natürlich sollen solche Pressekonferenzen auch demonstrieren, dass die NATO nichts zu verbergen hat. Dazu gibt es immer brandaktuelles Bildmaterial aus den angreifenden Flugzeugen. Als nach dem Beschuss eines albanischen Dorfes, bei dem etliche albanische Flüchtlinge getötet wurden, nach zwei Tagen immer noch keine Bilder von dem Vorfall vorlagen, konnte man schon hellhörig werden. Angesichts der Fernsehbilder und Interviews mit Betroffenen konnte die NATO den Vorfall nicht leugnen. Statt dessen wurde erklärt, dass das Dorf eine militärische Kommandozentrale beherbergt hätte, also ein „legitimes Ziel“ gewesen sei. Wieder seien die Jugoslawen schuld, die die Albaner als „menschliche Schutzschilde“ missbraucht hätten - ein Begriff, der immer herhalten muss, wenn es zivile Opfer gibt. So wäscht man sich selbst immer wieder rein und gibt die Schuld jenen, die man angreift - eine ausgesprochen schmutzige Propagandastrategie. Weiterhin sei für die Piloten nicht zu erkennen gewesen, dass sich Flüchtlinge in dem Dorf aufgehalten hätten. Die Bilder vom Ort des Geschehens zeigten jedoch, dass die Traktoren und Zelte ganz offensichtlich ein Flüchtlingslager waren, das auch aus der Luft hätte zu erkennen sein müssen - erst recht wenn man bedenkt, dass die NATO ja schließlich ständig behauptet, auf ihren nichtssagenden Luftaufnahmen sogar Leichen von von Serben ermordeten Zivilisten und von Soldaten unterscheiden zu können. Auf die drängende Frage von Journalisten, warum denn diesmal zum Beweis der NATO-Behauptungen nach zwei Tagen immer noch keine Bilder vorlagen, blieben die Redner auf der Pressekonferenz freilich die Antwort schuldig. Doch es kann angenommen werden, dass sie geantwortet hätten, wenn sie gedurft hätten: „Weil es eben ein paar Tage dauert, bis wir solche Aufnahmen ordentlich gefälscht haben.“
Medienzentrum (10066 Bytes)Peinlich wird es für die NATO-Propagandisten auch immer dann, wenn unabhängige Beobachter berichten, sie hätten im Kosovo zwar jede Menge Kriegszerstörungen gesehen, jedoch keine Hinweise auf planmäßige Massaker oder die systematische Vernichtung albanischer Dörfer durch die jugoslawische Armee. Wenn sich wieder einmal eine amerikanische Luftaufnahme oder ein UCK-Video als Fälschung erwiesen hat, dann wird auf die unliebsamen Zeugen gleich das ganze Arsenal von Verleumdungen abgefeuert.
Das Opfer des Krieges der Medien ist natürlich in erster Linie die Wahrheit. Menschenleben kostet dieser Krieg erst, wenn Menschen auf die Propagandalügen hereinfallen und in den Kampf ziehen. Doch am 23. April wurde der Krieg der Medien mit der erstmaligen Bombardierung des Fernsehzentrums in Belgrad nun zu einem richtigen Krieg. Zerstört wurden auch die Sendeanlagen bei Novi Sad und Pristina. Die beliebten Sender Pink, Kosava und BKTV mussten vorübergehend ihren Dienst einstellen. Man wolle, so die NATO, die Verbreitung von Lügen durch den jugoslawischen Staat verhindern. Was Lüge und was Wahrheit ist, bestimmt hier freilich nur die NATO. In den Verfassungen der meisten NATO-Staaten ist das Recht auf freie Meinungsäußerung und auf Pressefreiheit verankert. Die Bombardierung der Medien in Jugoslawien hat nun bewiesen, dass dieses Recht für die NATO-Staaten nur eine Lüge ist. Wenn sich tatsächlich jemand wagt, dieses Recht gegen den Staatsterror zu nutzen, dann wird darauf notfalls auch mit Bomben geantwortet. Freiheiten und Rechte gibt es eben für „demokratische Rechtsstaaten“ nur, solange es die Pläne der Mächtigen nicht stört.
Nach der Zerstörung wichtiger jugoslawischer Sendeanlagen will die USA rund um Jugoslawien ein neues UKW-Sendenetz aufbauen. Die Jugoslawen sollen genau wie die Völker Westeuropas und Nordamerikas nur noch die „Wahrheit“ der USA zu hören bekommen. Neben der „Voice of America“ soll sich an diesem Medienangriff auch die „Deutsche Welle“ beteiligen. Wie diese Wahrheit aussieht, zeigt das Medienschicksal des gemäßigten Albanerführers Ibrahim Rugova. Zuerst wurde in einer großen Medienkampagne erklärt, er sei von den Serben ermordet worden. Dann plötzlich tauchte er im jugoslawischen Fernsehen auf und gab Interviews. Als nächstes wurde nun behauptet, Rugova und seine Familie w&urden als Geisel vom jugoslawischen Regime festgehalten und zu Äußerungen zugunsten eines Friedens gezwungen. Tagelang lief diese Propagandakampagne, bis er schließlich mit seiner ganzen Familie nach Italien ausreiste und NATO und UCK damit Lügen strafte. Seitdem ist es ruhiger um ihn geworden, denn nun kann er der Kriegspropaganda nicht mehr dienen.
Je länger Jugoslawien den Angriffen der NATO standhält, desto wütender und menschenverachtender wird der Bombenterror. Das merken natürlich auch die Journalisten - und so ist seit den ersten Maitagen ein gewisser Meinungsumschwung in den westlichen Medien zu beobachten. Ging es bis dahin fast ausschließlich um das angebliche oder tatsächliche Elend der albanischen Flüchtlinge, um die Siege der NATO und um die diplomatischen Rangeleien mit Russland, so zeigen sich seitdem vor allem bei den großen Nachrichtenagenturen, deren Leute direkt an der Quelle sitzen, Tendenzen, das von den Bomben bei der jugoslawischen Bevölkerung angerichtete Kriegselend stärker in den Blickpunkt zu richten. So brachte AP beispielsweise einen Bericht über die Folgen der gerade begonnenen systematischen Zerstörung der jugoslawischen Energieversorgung. Der Ausfall des Stromes hatte in einer Belgrader Frühgeborenenstation zum Ausfall der Lebenserhaltungssysteme für 111 Frühgeborene, darunter 70 in Inkubatoren, geführt. Zwar konnte die Klinik die Sauerstoffversorgung mit Generatoren wieder in Betrieb setzen, aber die Überwachung der Vitalfunktionen musste außer Betrieb bleiben. Durch die Bombardierung der Öllager ist zudem auch die Versorgung mit Hilfe von Generatoren auf mittlere Sicht in Frage gestellt. Solche und ähnliche Nachrichten schlugen bisweilen sogar bis zu bekanntermaßen reaktionären Sendern wie PRO 7 durch, wo das Herumdrucksen der NATO in puncto zivile Opfer zuweilen sogar in der offiziellen Abendnachrichtensendung karikiert wurde. Obwohl Kampfsender wie n-tv ihre Kriegshetze unvermindert fortsetzen, ist diese Entwicklung ein Anlass, wenigstens die Hoffnung nicht zu verlieren, dass sich eines Tages doch noch die Vernunft durchsetzen wird. Aber dafür müssen wir noch viel tun.

T.D.

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Kurznachrichten:

ASEAN komplett

Als 10. Mitglied wurde am 1. Mai Kambodscha in die ASEAN aufgenommen, nachdem es nun alle politischen und wirtschaftlichen Forderungen erfüllt und sich dem kapitalistischen Wirtschaftssystem untergeordnet hat.

Keine Immunität

Das oberste Gericht Großbritanniens bestätigte, dass der chilenische Ex-Diktator und Faschist Pinochet keine diplomatische Immunität genießt. Nun muss Innenminister Jack Straw über eine Auslieferung an Spanien entscheiden.

Neues Siegerjustizverfahren

Die Berliner Justiz hat ein neues Großverfahren gegen ehemalige hohe NVA-Offiziere wegen der „Mauertoten“ begonnen. Währenddessen ermorden deutsche Piloten unbehelligt von der Justiz Menschen in Jugoslawien.

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Leserbrief:

Weltherrschaft um jeden Preis! oder „Und morgen die ganze Welt!“

Es läuft einem kalt den Rücken herunter, wenn man die Ergebnisse des NATO-Jubiläumsgipfels aus Washington hört. Der Krieg gegen das souveräne Jugoslawien wird fortgesetzt, bis die jugoslawische Regierung die „Waffen streckt“ und sich dem Diktat der NATO beugt. Kriegsgewinnler träumen schon offen von den Supergewinnen, die ein „Marshallplan“, nach der Zerschlagung Jugoslawiens, für den gesamten Balkan, mit sich bringen würde.
Das künftige strategische Konzept der NATO läuft darauf hinaus, militärische Einsätze auch außerhalb des Bündnisses nicht mehr zwingend von einem Mandat der UNO abhängig zu machen. Das heißt nichts anderes als die weitere Missachtung der UN-Charta und des Beschlussrechtes des UN-Sicherheitsrates. Am liebsten möchte man an Stelle des Vetorechts im Sicherheitsrat das Mehrheitsprinzip bei Abstimmungen einführen. Dies käme einer Gleichschaltung der UNO im Sinne der NATO, des gegenwärtig aggressivsten Militärpaktes, gleich.
Wo blieben dann die restlichen Grenzen auf unserer Erde zwischen friedlichem Miteinander der Nationen und ihrer Völker bzw. dem nuklearem Inferno und damit dem Untergang der Menschheit?
Und wie verhält sich zu dieser Problematik die sogenannte Rot-Grüne Koalition in Bonn? Als treuer Vasall der USA spielen sie gröblichst mit den Interessen des deutschen Volkes. Selbst das Grundgesetz und das darin als Bundesrecht integrierte Völkerrecht ist diesen Kräften nicht heilig, wenn es um die Interessen des deutschen Großkapitals bei der Neuaufteilung politischer und ökonomischer Einflusssphären geht.
Zu dieser Entwicklung kann man als Bürger nur nein und nochmals nein sagen! Der gesunde Menschenverstand verlangt eine Vielfalt außerparlamentarischer Aktivitäten unter Einschluss aller friedliebenden Kräfte, um die Regierenden in Berlin zur Vernunft und damit zum friedlichen Zusammenleben mit anderen Völkern zu zwingen. Dazu gehören in erster Linie die Forderungen nach Einhaltung des Grundgesetzes der BRD, als auch die sofortige Beendigung der Beteiligung an den weiteren Kriegshandlungen auf dem Balkan.
Solidarität ja, aber nur mit jenen, die unter der NATO-Aggression leiden. Die von den regierenden Kreisen in Berlin demagogisch eingeforderte Form der Solidarität mit den Balkanvölkern kann nur eine Solidarität mit den Verursachern der herbeigebombten humanitären Katastrophe sein. Diese Art der Solidarität setzt nur weitere Regierungsmittel frei, die den Krieg auf dem Balkan noch mehr in die Länge ziehen und ausweiten.
Deswegen: eine vom Kapital eingeforderte Solidarität kann nur dem Kapital nützen. Es gibt kein Kapital mit menschlichem Antlitz, da es Unterdrückung, Ausbeutung und Krieg seiner eigenen Existenz wegen verkörpert.
Es geht gerade in der Gegenwart darum, Frieden und Menschenrechte täglich zu erkämpfen und nicht auszusitzen.

M. Kommol, DKP Halle

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Internationales:

Krieg im Schatten

Mit der Zeit wohl wird selbst der interessanteste Krieg langweilig - zumindest wenn man nicht selbst direkt von seinen Folgen betroffen oder damit beschäftigt ist, ihn zu führen. Das gilt auch für den Kosovo-Krieg - man „gewöhnt“ sich langsam daran. Der Anteil der Menschen, die diesen Krieg als das zur Zeit wichtigste Thema ansehen, sinkt zwar nur langsam, aber stetig.
Ein anderer Krieg hat dieses Schicksal bereits hinter sich und ist schon fast vergessen worden. Doch im Schatten des Krieges gegen Jugoslawien köchelt der Krieg der NATO-Staaten USA und Großbritannien gegen den 'Iraq auf kleiner Flamme weiter - fast unbemerkt vom breiten Publikum. Meistens finden die Nachrichten über Luftangriffe gegen den 'Iraq noch nicht einmal in die Medien. Und selbst wenn sich mal eine Kurzmeldung in eine Zeitung verirrt, dann nimmt sie im allgemeinen Säbelrasseln kaum einer wahr. Schließlich gilt bei vielen: Wozu sich über ein paar US-Bomben im 'Iraq aufregen, wenn bei uns die Frage nach deutschen Bodentruppen in Jugoslawien ansteht?
Die offizielle Propaganda versteht es offensichtlich hervorragend, den schleichenden Krieg gegen den 'Iraq nicht nur in der öffentlichen Meinung zu rechtfertigen, sondern ihn jetzt auch noch im Schatten des nächsten Krieges vergessen zu lassen. Für die meisten ist das Kapitel „'Iraq“ erst einmal abgehakt.
Die Realität sieht aber so aus, dass fast kein Tag vergeht, ohne dass nicht US- oder britische Flugzeuge 'iraqische Städte, Dörfer, Industrieanlagen und natürlich auch militärische Anlagen beschießen oder bombardieren. Und damit vergeht auch kaum ein Tag, an dem nicht Menschen im 'Iraq sterben - Kriegstote, die hier im Westen keiner zählt, denn man muss schon die Meldungen der Nachrichtenagenturen durchforsten, statt nur die gefilterten Einlassungen der Massenmedien, um das Ausmaß dieses „kleinen“ Krieges übersehen zu können.
Doch vergessen werden darf dieser Krieg auf keinen Fall. Zum einen natürlich ist das eine Frage der Solidarität mit den Opfern - und damit eine Frage der Ehre als Kommunist. Aber vor allem beweist dieser Krieg im Vergleich mit dem Kosovo-Krieg, was von den USA und ihren Verbündeten zu halten ist, und worum es den Kriegsherren tatsächlich geht. Auch der 'Iraq ist in seiner Region, ähnlich wie Jugoslawien in Europa, einer der letzten Staaten, der sich dem Einfluss des euroamerikanischen Machtkartells entzieht. Deshalb - und nur deshalb - wird Krieg gegen solche Staaten geführt. Es geht nicht um den Schutz von Minderheiten - da hätte die NATO schließlich bei sich und ihren Verbündeten genug zu tun, wenn sie das ernst meinen würde. Der Schutz von nationalen Minderheiten ist nur ein Vorwand, um ihre aggressiven Machtgelüste zu tarnen. Und wie die Albaner im Kosovo, so müssen im 'Iraq die Kurden und die Schi'iten als Strohpuppen herhalten - alles auf dem Rücken der Völker dieser Länder. Die Nationalitäten und Religionsgruppen dort werden gegeneinander aufgehetzt, und so werden alle zu Opfern, sowohl diejenigen, die im NATO-Bombenhagel sterben, als auch jene, die sich aufhetzen lassen, sich mit den Mördern zu verbünden.
Für die euroamerikanischen Kriegsherren sind Menschenleben kalkulierbare Rechengrößen - nicht mehr. Deshalb muss man ihnen Einhalt gebieten - egal welcher Religion oder Nationalität man angehört, und egal ob man für oder gegen die 'iraqische beziehungsweise jugoslawische Regierung ist. Solidarität mit den Menschen im 'Iraq!

T.D.

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Parteipolitik:

Europa - wir kommen

Am 13. Juni ist Europawahl, und auch die PDS bereitet sich eifrig darauf vor. Noch zu gut ist die bittere Niederlage der Partei bei den letzten Wahlen zum Europaparlament in Erinnerung, als man knapp an der 5%-Hürde scheiterte. Im Gegensatz zu Bundestagswahlen gibt es dabei nämlich keine Direktmandate, mit denen man die 5%-Hürde unterlaufen könnte. Doch diesmal stehen die Chancen der PDS nicht schlecht. Eine gewonnene Bundestagswahl, eine Regierungskoalition mit starken Blessuren, und nun auch noch der Kosovo-Krieg - all das gibt Rückenwind für die PDS, die neben ihrer ostdeutschen Stammwählerschaft nun sowohl mit Stimmen aus dem unzufriedenen linken Regierungslager als auch von Kriegsgegnern rechnen kann.
Wer jedoch den Wahlparteitag der PDS beobachtete, war überrascht. Aufbruchstimmung wollte sich nicht so recht einstellen, auch wenn sich die Parteispitze redlich um frisch und fortschrittlich klingende Losungen und um das Kitten der Risse zwischen den Fraktionen bemühte. Aber auch die ideologischen Auseinandersetzungen bestimmten diesmal kaum die Szene, wie es sonst auf PDS-Parteitagen üblich ist. Statt dessen kleinliches Gerangel um die Listenplätze und Machtkämpfe zwischen „Erneuerern“ und „Altkadern“ auf Nebenkriegsschauplätzen - das übliche Bild der Zerrissenheit auch diesmal.
Symptomatisch für das Klima des Parteitages war der alles bestimmende Streit zwischen dem „Erneuerer“ André Brie und dem Ehrenvorsitzenden Hans Modrow um die Listenplätze 2 und 4. Mal abgesehen davon, dass es von zweifelhaftem Demokratieverständnis zeugt, wenn man einen verurteilten Wahlfälscher wie Hans Modrow als Kandidaten zu einer Parlamentswahl aufstellt, nahm diese kleinliche Schubserei teilweise schon groteske Züge an. Denn bei 99 zu wählenden deutschen Europa-Abgeordneten und 5%-Hürde kommen sowieso mindestens die ersten 5 Kandidaten durch - oder keiner von ihnen. Ob nun Platz 2 oder 4 ist also völlig egal, aber als Gelegenheit zum Kampf um innerparteiliche Macht und Prestige war es für Brie und Modrow und ihre jeweilige Gefolgschaft allemal gut genug. Und so ging es dann eben hauptsächlich um solche Dinge, statt um politische Inhalte. Eigentlich schade, denn solche PDS-Forderungen wie die nach der Auflösung der NATO, der Beschneidung der Macht der Großkonzerne und der Hilfe für die osteuropäischen EU-Beitrittskandidaten sind es durchaus wert, offensiv vertreten zu werden, statt sie unter Machtkämpfen egoistischer Parteiführer zu begraben.

T.D.

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Wissenschaft:

Ehre für Kofi Annan

Der Generalsekretär der UNO Kofi Annan weilte kürzlich zu einem Besuch in der sächsischen Hauptstadt Dresden. Das war für die dort ansässige Technische Universität ein willkommener Anlass zur Eigenwerbung: sie verlieh Herrn Annan kurzerhand die Ehrendoktorwürde. Die offizielle Begründung für diese Ehrung waren Herrn Annans angebliche Verdienste um die Reformierung der UNO. Was hat das, so fragt man sich da, mit Technik zu tun? Der Doktortitel, und dazu gehört auch der Doktortitel ehrenhalber, soll Menschen mit besonderen Verdiensten um die Wissenschaft kennzeichnen. Nun sollte man meinen, dass eine Technische Universität Titel an Menschen vergibt, die sich um die Entwicklung der Technik oder der technischen Wissenschaften verdient gemacht haben. Bei einem Diplomaten wie Kofi Annan ist aber wohl kaum zu vermuten, dass er überhaupt mit Wissenschaft etwas am Hut hat, geschweige denn mit Technik. Es ist ganz offensichtlich, dass die Verleihung der Ehrendoktorwürde an Herrn Annan gar nicht zu seiner Ehrung dient, sondern der Technischen Universität selbst zu etwas mehr nationaler und internationaler Beachtung verhelfen soll. Ich als Wissenschaftler fühle mich zutiefst beleidigt, wenn wissenschaftliche Titel wie in diesem Fall entwertet und missbraucht werden.
Doch dieser bedauerliche Akt hat noch eine andere, eine politische Komponente. Herr Annan wird ausgerechnet für seine Verdienste um die Reformierung der UNO geehrt. Dabei ist es gerade seine Amtszeit, in der sich die UNO von USA und NATO praktisch in die Bedeutungslosigkeit bomben ließ. Sowohl beim Angriff auf den 'Iraq 1998, als auch beim Kosovo-Krieg hat die UNO bewiesen, dass sie weder eigenständig handeln kann noch will. Speziell Herr Annan hat keinerlei Anstalten unternommen, um gegen die Verletzungen der UN-Charta durch die USA und ihre Verbündeten vorzugehen. Im Gegenteil hat er jeden kriminellen Akt besagter Staaten gegen das Völkerrecht hingenommen und später auch noch verteidigt. Dieser Mensch hat in seiner Position als UNO-Generalsekretär erheblich dazu beigetragen, die UNO in einen Trümmerhaufen zu verwandeln. Das „Reformierung“ zu nennen und es auch noch zu ehren, ist schon recht makaber. Aber offensichtlich sehen die Verantwortlichen der Technischen Universität die zukünftige Rolle der UNO ebenso wie ihre Staatsoberen als Handlanger für das Weltmachtstreben der USA, Deutschlands und der anderen NATO-Staaten. Dann haben sie natürlich recht, einen Mann zu ehren, der die Schmutzarbeit für sie erledigt.

T.D.

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Kurznachrichten:

Was es sonst noch gab

Dinge, über die es sich nachzudenken lohnt, auf die hier aber aus Zeit- und Platzmangel leider nicht näher eingegangen werden kann:

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Glosse:

Splitter - 1. Mai

T.D.

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Karikatur (42706 Bytes)

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Parteipolitik:

Standort: Links?

Es ist schon fast eine Tradition bei den Jungsozialisten, der Jugendorganisation der SPD, sich entschieden links zu geben und vor allem die eigene Parteispitze für ihre reformistische Politik zu kritisieren. So geschehen auch diesmal auf dem Bundeskongress der Jusos Anfang Mai. „Standort: Links!“ war da groß zu lesen, während die Mutterpartei SPD von der neuen Mitte redet. Schröder und seine Mannen wurden da als „traditionslose Rechte innerhalb der SPD“ bezeichnet. Aber man erinnere sich bitte: Bundeskanzler Gerhard Schröder war auch einmal Juso-Chef - und auch er war mal unheimlich „links“ und „revolutionär“. Es hat in der SPD eben doch Tradition, sich zuerst mit linken Losungen zu profilieren, und sich dann mit der Macht zu arrangieren. Angesichts der Geschichte der SPD sollte das ja nun wohl auch der dümmste Linke begriffen haben. Dass die SPD schon lang nicht mehr das Ziel des Sozialismus vertritt, wird von der Parteispitze ganz offen ausgesprochen. Was von der jetzigen SPD zu halten ist, hat der neu gewählte Juso-Chef Benjamin Mikfeld auf den Punkt gebracht: „Die Enkelgeneration will den Kapitalismus nicht überwinden. Sie will ihn nicht einmal reformieren, sondern nur managen.“ Da hat er recht - das ist das Ende der Entwicklung der SPD von einer revolutionären über eine reformistische nun zu einer großbürgerlichen Partei. Wieso, lieber Genosse Mikfeld, lässt du dich dann für eine solche Partei als Hilfskraft zur Einbindung und Beherrschung der Linken missbrauchen?

T.D.

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Spruch des Monats:

Um ein tadelloses Mitglied einer Schafherde sein zu können, muss man vor allem ein Schaf sein.

[Albert Einstein]

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Wirtschaft:

Das Ende der Bescheidenheit

Besonders seit der letzten Bundestagswahl im Herbst 1998 meldeten sich die deutschen Gewerkschaften wieder verstärkt zu Wort. Der Wahlsieg der SPD, an dem auch viele Gewerkschafter hoffnungsvoll mitgestrickt hatten, hatte ihnen neuen Auftrieb gegeben. Jede Menge kämpferische und soziale Losungen, die auch kräftig von den Medien aufgebaut wurden, ließen die Erwartungen der Gewerkschafter nach oben gehen.
In den letzten drei Monaten nun rollt eine Welle von Tarifabschlüssen durch alle Branchen und Regionen, die nur einen Schluss zulassen: die Gewerkschaften haben wieder einmal klein beigegeben, statt zu kämpfen. Abgesehen von lautstarken Protesten und einigen kleinen Warnstreiks blieben die von den Unternehmern und Politikern befürchteten großen Streiks aus - und demzufolge blieb natürlich auch der Erfolg aus. Warum ist das so, und warum, so fragt man sich, scheinen die Gewerkschafter trotzdem zufrieden zu sein?
Der Ansatzpunkt der diesjährigen Lohnkämpfe war durchaus richtig. Die Lohnentwicklung der letzten Jahre war eher mäßig und lag kaum über der Inflationsrate, wohingegen die Unternehmensgewinne im Durchschnitt geradezu traumhafte Steigerungsraten von mehreren 10% pro Jahr vorzuweisen hatten. Dieses Zurückbleiben der Löhne gegenüber den Profiten bedeutete eine wesentliche Steigerung der Ausbeutungsrate und berechtigt die Arbeitenden zweifellos zu gepfefferten Lohnforderungen. Insofern waren die Gewerkschaftsforderungen von ca. 6% eher die untere Grenze dessen, was ihnen zusteht.
Allerdings gibt es dabei ein kleines Problem. Immerhin 20% offizielle und versteckte Arbeitslose hätten selbst dann nichts davon, wenn die Gewerkschaften mit dieser Forderung durchgekommen wären. Im Gegenteil, nach jeder Lohnforderung sparen die Unternehmen das Geld wieder ein, indem sie weitere Beschäftigte entlassen - um so höher die Forderung, um so mehr Arbeitslose. Natürlich funktioniert diese Rechnung umgekehrt nicht, denn wenn die Gewerkschaften auf Forderungen verzichten, dann stecken die Unternehmer das gesparte Geld in die eigenen Taschen, anstatt es für die Schaffung neuer Arbeitsplätze zu verwenden, wie sie uns glauben machen wollen. Doch nichts desto trotz haben die Millionen Arbeitslosen nichts von höheren Löhnen, ja ihr Heer vergrößert sich dadurch sogar noch. Obwohl sie einen bedeutenden Teil der Arbeitenden, oder genauer gesagt der Arbeitswilligen ausmachen, werden sie von den Gewerkschaften einfach vergessen - das Hemd ist denen, die Arbeit haben, näher als die Hose, und mehr Geld in der eigenen Tasche ist ihnen mehr wert als die Solidarität mit ihren arbeitslosen Kollegen. Und deshalb bedeuten hohe Lohnforderungen eine bedauerliche Entsolidarisierung unter den Ausgebeuteten, solange sie nicht durch mit gleicher Vehemenz vertretene Forderungen nach neuen Arbeitsplätzen verbunden sind.
Das Argument der Gewerkschaftsbosse ist zweifelsohne wahr, dass das Gesetz keine Jobforderungen bei Tarifverhandlungen zulässt. Eine Entschuldigung ist das aber aus zwei Gründen nicht.
Erstens: wenn sich die Gewerkschaftsbewegung immer an die Gesetze der Ausbeuter gehalten hätte, die dazu bestimmt sind, die Ausbeutungsverhältnisse zu schützen, dann gebe es heute gar keine Gewerkschaften und erst recht nicht die gewaltigen Errungenschaften der letzten 100 Jahre. Aber dass soll trotzdem kein Aufruf zu illegalen Aktionen sein.
Denn zweitens gibt es durchaus auch Möglichkeiten, am Gesetz vorbei die Arbeitsplatzfrage auf die Tagesordnung von Tarifverhandlungen zu setzen. Nur eine von mehreren solcher Varianten bestünde beispielsweise darin, eine Lohnsteigerung von 30% zu fordern. Für jeden Betrieb, der seine Belegschaft um 10% vergrößert, wird die zu zahlende Lohnerhöhung auf 6% reduziert. Ergebnis: zwar werden so keine Einstellungen gefordert, und die Unternehmen können selbst entscheiden, ob sie einstellen oder nicht, aber 10% Neueinstellungen wären billiger als ein Lohnplus von 30% - Ziel erreicht, Arbeitslosigkeit mindestens halbiert, durch Verstärkung der Kaufkraft aber eher noch stärker gesenkt.
Das ist ein durchaus praktikabler Weg, auch wenn es nicht gleich die Größenordnung des hier benutzten drastischen Rechenbeispiels sein muss. Aber freilich braucht man Mut und vor allem auch Solidarität, um so etwas durchzuziehen - und beides zeigen die Gewerkschaften ja noch nicht einmal bei ihren normalen Lohnforderungen. Hatten sie zu Beginn um 6% mehr Lohn gefordert, so haben sie sich jetzt mit ca. 3% abspeisen lassen. Das ist viel weniger als anfänglich gefordert, aber nur wenig mehr als von den Unternehmern mit mehr als 2% anfänglich geboten. Und deshalb ist es noch nicht mal ein „vernünftiger“ Kompromiss, bei dem sich die Verhandlungsteilnehmer in der Mitte treffen, sondern ein klarer und eindeutiger Sieg für die Unternehmer - ein Bild, das es in den letzten Jahren praktisch immer gab.
Die Bilder sind jedesmal dieselben. Zu Beginn spucken die Gewerkschaftsbosse immer große Töne, und wütende Arbeiter schimpfen unter Transparenten. Alle betonen, dass es nun endlich reiche und man diesmal auf seinen gerechten Forderungen bestehen werde. Doch dann lassen sie sich doch jedesmal wieder auf faule Kompromisse ein. ‘Mehr war eben nicht drin’, heißt es dann. Niemand redet dann mehr davon, sich nun endlich nichts mehr bieten lassen zu wollen. Von einem „Ende der Bescheidenheit“, wie es die Gewerkschaftsführer noch im Herbst letzten Jahres gefordert hatten, ist dies wohl weit entfernt.
Es ist ein trauriges Spiel, das Unternehmer und Gewerkschaftsbosse da mit den Arbeitenden spielen. Aber es funktioniert, den Arbeitern immer wieder Erfolge vorzugaukeln, um sie bei Laune zu halten, sie dabei aber immer wieder über den Tisch zu ziehen. Und zwar funktioniert es deshalb so gut, weil es den Arbeitenden trotz aller Ungerechtigkeit immer noch ziemlich gut geht. Deshalb fehlt es ihnen an der nötigen Wut. Und deshalb fehlt es ihnen auch an dem nötigen Mut, denn sie haben viel zu verlieren. Andererseits sind diejenigen, die diese Eigenschaften wohl wesentlich eher aufbrächten, weil sie sehr viel schlechter dastehen, gar nicht an den Arbeitskämpfen beteiligt - die Arbeitslosen. Doch Arbeitslose können nicht für höhere Löhne streiken, obwohl gerade sie eine Aufwertung ihres Einkommens dringend brauchen würden. Gerade sie sind auf die Solidarität der Arbeitenden angewiesen - aber die sind offensichtlich zu fett und zu kurzsichtig, um zu rebellieren.
Diese bedauerliche Entsolidarisierung unter den Ausgebeuteten ist typisch für den Manipulismus. Die Grundlage dieser neuen Gesellschaftsordnung, die Manipulation der Ausgebeuteten, so dass sie gar nicht mehr wahrnehmen, dass sie ausgebeutet werden, funktioniert noch besser, als der ökonomische Zwang des Kapitalismus. Das Prinzip „Teile und herrsche!“ hat sich auch hier als wirksam erwiesen. Das gilt übrigens auch für die Ost-West-Problematik. Auch hier wird die Entsolidarisierung deutlich, denn wie schon 1998, als die durchschnittlichen Ost-Löhne, die noch 1997 bei 72,3% des Westniveaus gelegen hatten, auf 71,2% fielen, wird es auch in diesem Jahr keine weitere Angleichung geben. Durch die gleiche prozentuale Lohnsteigerung in Ost- und Westdeutschland wird sich der absolute Abstand sogar weiter vergrößern. Doch die Gewerkschaften halten still.
Soll diese Tendenz in der Gewerkschaftsbewegung gestoppt und umgekehrt werden, dann ist dazu eine gewaltige Menge Aufklärungsarbeit nötig. Sicherlich wird die sich weiter verstärkende Ausplünderung durch die Ausbeuter ihr Teil dazu tun - leider, denn es stellt sich die Frage: Muss es denn immer erst richtig schlimm werden, damit die Menschen aufwachen und endlich handeln?
Die Gewerkschaftsbewegung ist korrumpiert, daran gibt es keinen Zweifel. Aber andererseits haben nur starke Gewerkschaften Aussicht auf Erfolg. Daher würde eine Spaltung der Gewerkschaften nichts nützen, denn neben der Klarheit der Ziele ist es gerade die Einheit, die die Gewerkschaftsbewegung stark macht. Für uns Kommunisten gibt es daher nur eine einzige Alternative: unsere Pflicht ist es, die Werktätigen aufzuklären, zu überzeugen und zu motivieren - und nur nicht den Mut und die Zuversicht verlieren!

T.D.

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Klassikerzitat:

„Die Spezialisierung ihrer Berufstätigkeit als gewerkschaftlicher Leiter sowie der naturgemäß enge Gesichtskreis, der mit den zersplitterten ökonomischen Kämpfen in einer ruhigen Periode verbunden ist, führen bei Gewerkschaftsbeamten nur zu leicht zum Bürokratismus wie zur Borniertheit der Auffassung. Beides äußert sich aber in einer ganzen Reihe von Tendenzen, die für die Zukunft der gewerkschaftlichen Bewegung selbst höchst verhängnisvoll werden könnten. Dahin gehört vor allem die Überschätzung der Organisation, die aus einem Mittel zum Zweck allmählich zu einem Selbstzweck, in ein höchstes Gut verwandelt wird, dem die Interessen des Kampfes vielfach untergeordnet werden. Daraus erklärt sich auch jenes offen zugestandene Ruhebedürfnis, das vor einem größeren Risiko und vor vermeintlichen Gefahren für den Bestand der Gewerkschaften, vor der Ungewissheit größerer Massenaktionen zurückschreckt, ferner die Überschätzung der gewerkschaftlichen Kampfweise selbst, ihrer Aussichten und ihrer Erfolge. Die beständig von dem ökonomischen Kleinkrieg absorbierten Gewerkschaftsleiter, die es zur Aufgabe haben, den Arbeitermassen den hohen Wert jeder noch so geringen ökonomischen Errungenschaft, jeder Lohnerhöhung oder Verkürzung der Arbeitszeit plausibel zu machen, kommen allmählich dahin, dass sie selbst die größeren Zusammenhänge und den Überblick über die Gesamtlage verlieren. Nur dadurch kann erklärt werden, dass die deutschen Gewerkschaftsführer zum Beispiel mit so großer Genugtuung auf die Errungenschaften der letzten 15 Jahre, auf Millionen Mark Lohnerhöhungen hinweisen, anstatt umgekehrt den Nachdruck auf die andere Seite der Medaille zu legen: auf die gleichzeitig stattgefundene ungeheure Herabwürdigung der proletarischen Lebenshaltung durch den Brotwucher, durch die gesamte Steuer- und Zollpolitik, durch den Bodenwucher, der die Wohnungsmieten in so exorbitanter Weise in die Höhe getrieben hat, mit einem Wort, auf all die objektiven Tendenzen der bürgerlichen Politik, die jene Errungenschaften der 15jährigen gewerkschaftlichen Kämpfe zu einem großen Teil wieder illusorisch machen.“

Rosa Luxemburg: Massenstreik, Partei und Gewerkschaften (1906); Rosa Luxemburg: Ausgewählte Reden und Schriften (Dietz Verlag Berlin, 1955, I. Band, S. 248-249)

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Parteipolitik:

Missachtung und Machthörigkeit

Über die moralischen Qualitäten von B'90/Grünen haben wir schon viel geschrieben. Dem gibt es auch nach der Zustimmung der grünen Abgeordneten zum Kosovo-Krieg kaum etwas Neues hinzuzufügen. Und so war denn auch das Ergebnis des Kriegs-Sonderparteitages keine Überraschung. Der Antrag der antimilitaristischen Kriegsgegner auf sofortige Einstellung der Angriffe wurde erwartungsgemäß mehrheitlich abgelehnt. Das einzig Interessante an dieser moralischen Talfahrt der einstigen Partei des Pazifismus war da eigentlich nur der Auftritt des grünen Au&enministers und Kriegstreibers Joschka Fischer. Der sah sich nämlich lautstarken und teilweise sogar handgreiflichen Protesten gegenüber, als er den Delegierten seine beleidigenden Ergüsse präsentierte. Der Höhepunkt seines Auftritts war dann zweifellos, als er den verblüfften Delegierten erklärte, dass sie beschließen könnten, was sie wollten - er und die Bundestagsfraktion würden sich sowieso nicht daran halten und weiter für den Krieg stimmen.
Da fragt man sich doch, wieso sich eine Partei ein solches Verhalten gefallen lassen kann. Wie wenig Selbstachtung muss man haben, wenn man so etwas einfach ohne Widerstand hinnimmt und solchen Leuten dann auch noch bettelnd hinterher läuft? Normalerweise sollte die Ankündigung, Parteibeschlüsse in jedem Falle missachten zu wollen, doch zum sofortigen Parteiausschluss führen. Aber nichts dergleichen geschah. Statt dessen stimmten die Delegierten für einen Antrag, der Fischer und seine Kollegen „verpflichtete“, sich für eine zeitweilige Unterbrechung der NATO-Angriffe einzusetzen. Was das betrifft, muss man Fischer immerhin zugestehen, dass er seine Versprechen hält, denn bis heute hat er diesen Beschluss tatsächlich wie versprochen völlig ignoriert - und es besteht wohl kaum die Gefahr, dass seine Partei ihm das irgendwie übelnehmen wird. Wie ein Hündchen laufen die Grünen der Macht und den Mächtigen hinterher: Machthörigkeit - wie ekelhaft.

T.D.

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Kalenderblatt:

Der erste Computer der Welt

Im Kalenderblatt möchten wir heute an ein auf den ersten Blick eigentlich völlig unpolitisches Ereignis erinnern, dass nur den wenigsten bekannt ist, und dass doch wie kaum ein anderes die heutige Welt prägt. Am 15. Mai 1941 wurde der erste programmgesteuerte Computer der Welt der Öffentlichkeit präsentiert. Sein geistiger Vater war der deutsche Ingenieur Konrad Zuse, der am 22.6.1910 in Berlin das Licht der Welt erblickt hatte. 1936, gerade mal 26 Jahre alt, begann er mit der Entwicklung einer programmgesteuerten Rechenanlage, die er mit dem Bau des Relaisrechners Zuse Z3 1941 schließlich zum Erfolg führte.
Der eigentliche Durchbruch der Bemühungen von Konrad Zuse war seiner genialen Idee zu verdanken, als Grundlage der Rechenoperationen nicht das herkömmliche Dezimalsystem zu verwenden, sondern das binäre Zahlensystem. In diesem System lässt sich jede Zahl durch eine Ziffernfolge beschreiben, deren Elemente nur die Zustände Null oder Eins annehmen können. Im Gegensatz zum Dezimalsystem lassen sich diese beiden Grundzustände sehr leicht durch das Fließen bzw. Unterbrechen elektrischer Ströme darstellen. Diese im Nachhinein betrachtet eigentlich doch recht einfache, aber für das historisch überkommene Denken eben nicht gerade naheliegende Idee zeigt wieder einmal, wie wichtig es in der Wissenschaft ist, sich von Vorurteilen und eingefahrenen Denkschablonen lösen zu können, wenn man vor einer Schwierigkeit steht - eine Wahrheit, die für die Gesellschaftswissenschaften ganz genauso gilt wie für die Naturwissenschaften und die Technik.
Der Z3 umfasste 2000 Relais und konnte 64 Zahlen speichern. Wenn man die heutige Computertechnik betrachtet, kann man in etwa erahnen, was Konrad Zuse schon damals hätte leisten können, wenn seine Erfindungstätigkeit anerkannt und gefördert worden wäre. Das faschistische Deutschland hatte 1941 jedoch ganz andere Interessen, als die Entwicklung der Computertechnik voranzutreiben. Es war wohl auch kaum abzusehen, welche Bedeutung Computer in der Zukunft einmal haben würden. Und vielleicht ist das auch ganz gut so gewesen - man stelle sich nur vor, wieviel Schaden selbst einfache Computer in den Händen Hitlers und der deutschen Wehrmacht hätten anrichten können. Stichworte sind hier vor allem strategische Berechnungen für militärische Planungen, Zielberechnungen für die deutschen „Geheimwaffen“ V1 bis V3, Berechnungen für die Entwicklung von neuen Waffensystemen, nicht zuletzt auch einer möglichen deutschen Atombombe - alles Möglichkeiten, von denen es besser ist, dass Nazideutschland sie verpasste.
Der Original-Zuse Z3 wurde während des 2.Weltkriegs leider zerstört - Kriege geben eben kein günstiges Klima für friedliche wissenschaftliche Forschung ab. Konrad Zuses bahnbrechende Idee der Binärcodierung jedoch hat den Krieg überlebt und bildet noch heute die Grundlage aller Computersysteme von der Digitaluhr bis zum Großrechner und vom Mikrochip in der Waschmaschine bis zum Industrieroboter. Und da Computer aus fast keinem Bereich unseres Lebens mehr wegzudenken sind, würde unsere Welt ohne Konrad Zuse wohl radikal anders aussehen. Das ist doch wohl ein guter Grund, an diesen großen Ingenieur zu erinnern.

K.H.

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Umwelt:

Tradition oder Sauerei?

Seit Jahrzehnten bereits kämpfen Tier- und Naturschützer weltweit mit wechselndem Erfolg gegen die Ausrottung von Tierarten, gegen verantwortungslose Jagdmethoden und gegen die vermeidbare Tötung von semiintelligenten Lebewesen, wie höheren Menschenaffen, Delfinen und Walen. Besonders der Kampf gegen den Walfang geriet immer wieder in den Blickpunkt der Öffentlichkeit, müssen doch für den Walfang immer wieder Argumente herhalten, die zweifelhafter kaum sein können. So behaupten die großen Walfangnationen immer wieder, nur für wissenschaftliche Zwecke Wale zu töten - obwohl ganz offensichtlich statt wissenschaftliche Forschung zu betreiben nur die Dosenfabriken beliefert werden.
Wale (3804 Bytes)Neueste Kampfarena in diesem Ringen um das Leben und den Fortbestand der Wale ist der äußerste Nordwesten der USA. Dort, im Bundesstaat Washington, brachen die Indianer des Stammes der Makah jetzt mit einem Kanu auf, um ihre traditionelle Waljagd wieder aufzunehmen, die ihre Vorfahren vor 70 Jahren aufgegeben hatten. Während Tierschützer wütend gegen das ökonomisch für die Makah völlig unnötige Schlachten kämpfen, reden die Indianer von nationaler Tradition, von religiösen Bräuchen und natürlich von ihrem von der US-Regierung und der internationalen Walfangbehörde gewährten Recht. Und auf dieses Recht pochen sie, egal ob es nun vernünftig ist oder nicht. Die Männer des Stammes wollen wiederentdecken, so sagen sie, was ihnen angeblich durch die Aufgabe der Waljagd verloren gegangen ist. Was kann das wohl anderes sein als Mordlust? Was für die Indianer vor 70 Jahren und früher reine Notwendigkeit zum Überleben war und sich deshalb zu recht in einer Vielzahl von kulturellen Überlieferungen, wie Symbolen, Mythen und Geschichten, niedergeschlagen hat, ist heute nur noch eine blutige Sauerei, eine Medienshow zur Selbstdarstellung und ein Verbrechen an der Natur.
Es kann überhaupt gar keinen Zweifel daran geben, dass wir als Kommunisten für die Bewahrung nationaler Kulturen eintreten, die den Reichtum der Kultur der gesamten Menschheit ausmachen. Und ebenso selbstverständlich sind wir für die Achtung des kulturellen Selbstverständnisses eines jeden Menschen. Aber Kultur darf und kann keine Rechtfertigung für Naturzerstörung und verantwortungsloses Handeln sein. Hier geht es nicht um nationale Traditionen oder die Religion der Makah, sondern um Geltungstrieb, um provinzielle Sturheit und Dummheit und um den Spaß am Töten - nicht gerade Dinge, die für einen Kommunisten in irgendeiner Weise akzeptabel wären.

T.D.

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Kultur:

Planet der Habenichtse

Eines der besten Werke der Science-Fiction des 20.Jahrhunderts ist zweifelsohne „Planet der Habenichtse“ (Originaltitel: „The Dispossessed“ - die Besitzlosen) von Ursula K. Le Guin. In diesem Roman steht nicht die Beschreibung futuristischer Technik im Vordergrund. Es ist vielmehr die Utopie einer Gesellschaftsordnung, die sich vom Kapitalismus losgesagt hat und nach kommunistischen Grundlagen aufgebaut ist.

Buch (74599 Bytes)In einem fernen Sonnensystem: Nach der Niederschlagung der Revolution auf Urras, erlaubte man den Überlebenden, um sie loszuwerden, auf den Nachbarplaneten Anarres auszuwandern, um dort eine Gesellschaft nach ihren Idealen aufzubauen. Die neue Heimat der „Anarchisten“ war ein unwirtlicher Wüstenplanet, auf dem es weder eine reiche Vegetation, noch höherentwickelte Tiere gab. Das Lebensnotwendigste musste der menschenfeindlichen Natur mit harter, gemeinsamer Arbeit abgerungen werden. Und auch nachdem Anarres besiedelt und das Überleben der Anarresti gesichert war, wurde aus der kargen Natur des Planeten kein Paradies.
Die Geschichte selber entspinnt sich um Shevek, der Jahrzehnte nach der Besiedelung auf Anarres geboren wird. Als Physiker macht Shevek eine Erfindung, die revolutionär für die Raumfahrt sein könnte. Der Isolationismus seiner Welt und die Ablehnung seiner Idee durch seine Arbeitskollegen führen schließlich dazu, dass sich Shevek entschließt, eine Einladung nach Urras anzunehmen, auch wenn er damit für viele auf seiner Welt als Verräter gilt. Auf Urras wird er mit einer Welt konfrontiert, die alle Ressourcen im Überfluss besitzt, in der es aber trotzdem nicht genug für alle gibt. Denn die Schönheit der reichen und vielfältigen Natur ist nur die eine Seite. Die Gesellschaft auf Urras ist hochkapitalistisch - ein Spiegelbild der westlichen Staaten auf der Erde. Und so existiert arm neben reich, obwohl doch eigentlich genug für alle da wäre - und natürlich gibt es gesellschaftliche Kämpfe ob dieser Ungerechtigkeit.
Shevek kam in dem Glauben nach Urras, dort frei wissenschaftlich arbeiten zu können. Doch schon bald muss er feststellen, dass er nur den antikommunistischen Propagandazwecken der Ausbeuter auf Urras dienen soll. Schließlich verweigert er sich der Ausnutzung durch die Herrschenden und findet Kontakt zur Widerstandsbewegung.
Book (59223 Bytes)Der besondere Reiz für den Leser liegt darin, diese kapitalistische Gesellschaft mit den Augen eines Außenstehenden zu sehen. Ursula Le Guin ist es gelungen, unvoreingenommen und mit Distanz die herrschenden Verhältnisse zu betrachten. Bei vielen Dingen, die uns im alltäglichen Leben ganz normal vorkommen, wird man sich dadurch erst ihrer Absurdität bewusst.
In Sheveks Erinnerungen und Rückblenden erlebt der Leser außerdem die kommunistische Gesellschaft der Anarresti, die auf dem Gebot der Brüderlichkeit basiert. Der Autorin gelingt es dabei, diese Gesellschaft mit ihren Problemen nicht nur kurz zu umreißen, sondern auch Details anzusprechen, so die turnusmäßige Erledigung ungeliebter oder gefährlicher „Schmutzarbeiten“, die (überzogene) Ablehnung von Privatbesitz oder die gemeinschaftliche Erziehung der Kinder.
Dabei geht es Ursula Le Guin nicht darum, eine perfekte Gesellschaft zu präsentieren. Sie zeigt deutlich, wo die Gefahren und möglichen Abweichungen liegen können. Zwar wird die Aneignung von Mehrbesitz schon durch die Art der Gesellschaft verhindert, da aber die Gemeinschaftlichkeit für die Anarresti so überlebenswichtig ist, spielt die öffentliche Meinung eine sehr große Rolle. Sie wird teilweise so zwingend, dass sie die Individualität beschneidet. Aber die Gesellschaft auf Anarres ist andererseits optimal, denn sie bietet gleichzeitig alle Möglichkeiten, um solche Abweichungen wieder zu korrigieren. Und so kehrt Shevek am Ende wieder nach Hause, nach Anarres, zurück - mit leeren Händen, aber mit der festen Absicht, die Welt zu verändern - und zwar nicht im Sinne der Ausbeuter, sondern im Sinne der ursprünglichen Ideale seiner Welt.

Ursula K. Le Guin, deren Erzählungen und Romane mehrfach preisgekrönt wurden, ist nicht nur Freunden der Fantasy ein Begriff. „Planet der Habenichtse“ bildet sowohl einen Höhepunkt im Schaffen der Autorin als auch einen Höhepunkt in der Science-Fiction allgemein. Es kommt eher selten vor, dass sich ein Schriftsteller an einer positiven Gesellschaftsutopie versucht. Dabei geht es auch gar nicht darum, dass dem Leser alles gefällt. Aber die von Ursula Le Guin beschriebene konkrete Umsetzung gesellschaftlicher Erfordernisse bietet viele Ansatzpunkte für eigene Überlegungen.
Die kargen Ressourcen auf Anarres widerlegen ein wichtiges Vorurteil. Nach Ansicht einiger Linker kann die kommunistische Gesellschaft erst errichtet werden, nachdem die Wirtschaft so weit entwickelt ist, dass die freie Verfügbarkeit von Waren gewährleistet werden kann. Sie übersehen, dass sich Kommunismus vor allem auf die Art und Weise der Ausgestaltung des gesellschaftlichen Lebens bezieht (Verteilung von Gütern, gemeinschaftliche Planung und Beschlussfassung, etc.) und nicht auf das wirtschaftliche Niveau. Sicher werden an die Komponenten der kommunistischen Gesellschaft - Bewusstheit und Gemeinschaftlichkeit - in einer Mangelgesellschaft höhere Ansprüche gestellt als in einer Überflussgesellschaft. Aber erst die Schaffung des entsprechenden „Seins“ ermöglicht die Entwicklung eines entsprechenden Bewusstseins. Und auch in einer Überflussgesellschaft wird es immer zumindest zeitweilig Mangelgüter geben.
„Planet der Habenichtse“ ist ein sehr empfehlenswertes Buch, dass vor allem für ehemalige DDR-Bürger und Sozialismuskritiker ein Muss ist. - Ein anschauliches, spannendes „Lehrbuch“ über eine kommunistische Gesellschaft.

Planet der Habenichtse; Ursula K. Le Guin; Heyne Science Fiction & Fantasy, Band 06/4661

K.H.

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Justiz:

Gerechte Strafe für das falsche Verbrechen

Was ist schlimmer: der Tod von 20 Menschen oder die Vernichtung einer Videokassette? Die amerikanische Militärjustiz hat nun ihre ganz eigene Antwort auf diese Frage gegeben. Im März noch hatte ein Militärgericht auf dem Militärstützpunkt Camp Lejeune Captain Richard Ashby und seinen Navigator Joseph Schweitzer vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung freigesprochen. Die beiden US-Piloten hatten im Februar 1998 auf einem Routineflug über Norditalien das Seil der Seilbahn von Cavalese bei einem misslungenen illegalen Flugmanöver durchschnitten. Beim Absturz der Seilbahngondel starben 20 Menschen. Trotz erdrückender Beweise erklärten die Militärrichter die Piloten für unschuldig. Der Tod der Seilbahninsassen blieb ungesühnt, was einen Sturm der Entrüstung nicht nur bei den Angehörigen der Opfer auslöste.
Nun aber wurde Richard Ashby doch noch verurteilt - aber nicht wegen fahrlässiger Tötung, sondern wegen Verschwörung und Behinderung der Justiz. Sein Navigator hatte nämlich zugegeben, ein privates Video, das er im Cockpit am Unglückstag gedreht hatte, erst ausgetauscht und später dann vernichtet zu haben - und das Militärgericht war davon überzeugt, dass auch Ashby an dieser Aktion beteiligt war. Als Entschuldigung und Gegenargument gegen den Vorwurf der Behinderung der Justiz meinte Schweitzer, er hätte das Video bereits 10 Minuten vor dem Unglück abgeschaltet, es wäre also gar nichts potentiell Belastendes darauf gewesen. Wenn dem tatsächlich so war und die Piloten nichts zu verbergen hatten, dann stellt sich natürlich die Frage, warum sie das Videoband dann vernichtet haben. Wenn Schweitzer, wie er sagt, aus Angst gehandelt hatte, das Videoband hätte zum Gegenstand italienischer Ermittlungen werden können, dann muss es doch irgendetwas an diesem Flug geben, was die beiden Piloten lieber verbergen würden. Warum sonst müssten sie Angst vor den Ermittlungen der Italiener haben?
Doch wie dem auch sei - die amerikanische Militärjustiz weiß genau, was sie davon zu halten hat. Dass ihre Piloten den Tod von 20 Menschen verursacht haben, das lässt sie offenbar kalt. Auch nach dem faktischen Schuldeingeständnis, das die Vernichtung des Videobandes ja zweifellos darstellt, ändert sie ihre Meinung nicht und wird das Verfahren nicht neu aufrollen. Dass die beiden US-Soldaten jedoch Geheimnisse vor „ihrer“ Armee hatten, dass verzeihen ihnen die Richter nicht.
Und so bleibt die menschenverachtende Verletzung von Sicherheitsbestimmungen und Gesetzen, die zum Tod von 20 Menschen geführt hat, für Ashby folgenlos. Die Missachtung des Staates und seiner Justiz jedoch kostet ihn nun seine Zukunft. Das Urteil lautete sechs Monate Haft und unehrenhafte Entlassung aus der Marineinfanterie. Doch das ist noch nicht alles, denn die Entlassung bedeutet auch Arbeitslosigkeit, den Verlust aller Ansprüche auf soziale Hilfe für Veteranen und die Unmöglichkeit, je wieder im US-Staatsdienst arbeiten zu können - ein hoher Preis.
Damit wäre wieder einmal bewiesen, wozu die Justiz in Ausbeuterstaaten wirklich da ist: nicht zum Schutz von Gesetzen und Bürgern, sondern zur Wahrung der Staatsräson. Das ist das Rechtsverständnis der Mafia, nicht aber eines „Rechtsstaates“. Und so ergibt sich hier die groteske Situation, dass Richard Ashby eine gerechte, eher noch zu milde, Strafe erleidet, aber für das falsche Verbrechen.

T.D.

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Nationales:

Reprivatisierung

Schon bald nach der Konterrevolution in der DDR 1989 fielen „Alteigentümer“ und „Neuinvestoren“ wie die Geier über den toten sozialistischen Staat her, um sich ein möglichst großes und lukratives Häppchen zu sichern. Jeder, der es selbst erlebt hat und der sich nicht weigert, die Tatsachen anzuerkennen, erinnert sich noch, was damals alles so ablief. Milliardenwerte des Volksvermögens wurden für Stückpreise von 1 DM verschoben. Vom Traum so mancher Ostdeutschen, einen Anteil am Verkaufserlös des Volkseigentums zu bekommen, war schon bald nur noch ein Rauchwölken übrig.
Die wirklich lohnenden Objekte waren schon bald aufgeteilt - was für den Staatshaushalt blieb, waren nur die „Altlasten“. Und auch die 1945 enteigneten Fürsten sind wieder zurückgekehrt. So wird allein Sachsen für Kunstschätze, die ihm eigentlich schon längst gehören, 24 Mio. DM an das ehemalige sächsische Königshaus zahlen, davon 13,2 Mio. in Immobilien. Bis heute wurden von der BVVG 1,3 Mio. ha einst volkseigener Äcker, Wiesen und Wälder „reprivatisiert“. Die Mehrheit der Ostdeutschen sah dafür keinen Pfennig.

T.D.

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Parteidokumente:

Manifest der Kommunistischen Programmpartei - Teil 4

b) Was Kommunismus sicher nicht ist

Die Tatsache, dass Marx in Armut lebte, macht den Kommunismus nicht zu einer Armutsideologie.

Die Tatsache, dass Stalin am Versuch, den Kommunismus aufzubauen, scheiterte, weil er zu wenig davon wusste, was Kommunismus überhaupt ist und weil er sich von seinen privaten Ambitionen überwältigen ließ, macht den Kommunismus nicht zum Stalinismus.

Die Tatsache, dass Mussolini auch einmal Funktionär einer kommunistischen Partei war, macht den Kommunismus nicht zum Faschismus.

Die Tatsache, dass sich Engels irrte, als er versprach, dass England und Frankreich schon bald kommunistisch seien, macht den Kommunismus nicht zu einem Irrtum.

Die Tatsache, dass sich Mao Zedong zeitweise wie ein Gott verehren ließ, macht den Kommunismus nicht zu einer Ersatzreligion.

Die Tatsache, dass Che Guevara sein Leben im militärischen Revolutionskampf opferte, macht den Kommunismus nicht zum Militarismus.

Die Tatsache, dass Lenin die Weltrevolution absagte und die Kommunisten in Europa im Stich ließ, weil seine Angst, das Erreichte zu verlieren, größer war als sein Vertrauen in seine Genossen, macht den Kommunismus nicht zu einem inkonsequenten Opportunismus.

Die Tatsache, dass Gorbatschov den Kommunismus verriet, weil er als bloßer Karrierist sonst hätte zugeben müssen, dass er überhaupt nicht in der Lage war, die gesellschaftlichen Probleme zu durchschauen und fachgerecht zu lösen, macht den Kommunismus nicht zu einem Fehlschlag.

Die Tatsache, dass es Menschen gibt, die andere Menschen unterdrücken und ausbeuten, und sich trotzdem Kommunisten nennen, macht den Kommunismus nicht zu einem Ausbeutungs- und Unterdrückungssystem.

Die Tatsache, dass es Menschen gibt, die ihre subjektive Meinung als unangreifbares Dogma betrachten, und die sich trotzdem Kommunisten nennen, macht den Kommunismus nicht zur Dogmatik.

Die Tatsache, dass Kommunisten genauso Fehler gemacht haben, Fehler machen und auch weitere Fehler machen werden, so wie jeder andere Mensch auch, macht den Kommunismus nicht zum Fehler.

Die Tatsache, dass Kommunisten überzeugt sind, recht zu haben, macht den Kommunismus nicht rechthaberisch.

Die Tatsache, dass Kommunisten viele Feinde haben, macht den Kommunismus nicht zu einer Ideologie der Feindschaft.

Die Tatsache, dass es nicht nur schlaue, sondern auch dumme Kommunisten gibt, macht den Kommunismus nicht zu einer Dummheit.

Die Tatsache, dass die kommunistische Gesellschaft noch nicht realisiert ist, macht den Kommunismus nicht unrealisierbar.

Die Tatsache, dass sich der Kommunismus auf eine wissenschaftliche Theorie stützt, macht den Kommunismus nicht realitätsfern.

Die Tatsache, dass die Antikommunisten alles tun, um zu verhindern, dass die Menschen verstehen, was und wie Kommunismus wirklich ist, macht den Kommunismus nicht unverständlich.

c) Was Kommunismus wirklich ist

Der Kommunismus ist nicht nur irgendein politisches Konzept. Der Kommunismus ist kein künstlich aufgestelltes, realitätsfernes akademisches System, in das sich einige träumerische Verrückte verliebt haben. Der Kommunismus ist eine ganze Weltanschauung.

Kommunismus, das ist Gemeinschaftlichkeit!

Kommunismus heißt, gemeinsam mit den anderen Menschen zu leben, zu arbeiten, zu denken und zu fühlen. Gemeinsam mit den anderen Menschen, nicht neben ihnen her, nicht isoliert von ihnen, nicht gegen sie.
Gemeinsam fühlen - sich mit anderen teilen. Sich freuen und spüren, dass andere sich mit uns freuen. Traurig sein und spüren, dass andere Anteil nehmen. Sich sorgen und spüren, dass andere die Sorge zu ihrer eigenen Sache machen. Das ist Kommunismus!
Gemeinsam denken - seine Intelligenz vervielfachen. Mit eigenem Wissen andere unterstützen, damit diese mit unserem Wissen etwas schaffen können, was auch uns nützt. Das Wissen anderer nutzen und so viel effektiver denken können. Gegenseitig auf Fehler aufmerksam machen und so Schaden vermeiden. Durch gegenseitige Ergänzung Blockaden überwinden und das Rad nicht zweimal erfinden müssen. Das ist Kommunismus!
Gemeinsam arbeiten - stärker sein. Durch gemeinsame Anstrengung vormals unlösbare Aufgaben bewältigen. Durch gemeinsamen Kampf vormals stärkere Gegner bezwingen. Durch gegenseitige Hilfe nicht nur Kraftverschwendung für Kämpfe gegeneinander vermeiden, sondern bessere Voraussetzungen für die eigene Arbeit schaffen und so mehr leisten können. Das ist Kommunismus!
Gemeinsam leben - reicher werden. Materiell reicher, wenn man vieles mitbenutzen kann, was man selbst nicht hat, aber andere gerade nicht brauchen. Kulturell reicher, wenn man die Kultur anderer miterleben kann. Menschlich reicher, wenn die anderen Menschen als Erweiterung des eigenen Ichs begriffen und behandelt werden. Das ist Kommunismus!

Kommunismus, das ist Bewußtheit!

Kommunismus heißt, bewusst sein Leben zu leben, seine Arbeit zu tun, über alles nachzudenken und Gefühle zu spüren. Bewusst durch die Welt gehen, nicht blind und dumpf, nicht in Phantasien schwebend, nicht anderen nachlaufend.
Bewusst fühlen - sein inneres Gleichgewicht finden. Die eigenen Wünsche herausfinden. Sich auch gefühlsmäßig klarmachen, was man schon sachlich weiß. Aus sachlichen Worten echtes Begreifen machen, aus inneren Gefühlen ausdrucksstarke Worte formen. Gefühle bekämpfen, durch die man seine Überzeugung verrät. Gefühle entwickeln, die man braucht, um sich selbst treu zu bleiben. Das ist Kommunismus!
Bewusst denken - sich selbst und andere erkennen. Wurzeln des Hasses durch logisches Denken vernichten, Wurzeln der Liebe durch logisches Denken festigen. Eigene Denkmechanismen erkennen, Denkfehler beseitigen. Seine wirklichen Interessen trotz Betrug und Manipulation, trotz komplizierter Zusammenhänge, hinter dem äußeren Schein erkennen. Betrug und Ehrlichkeit, Freunde und Gegner unterscheiden können. Das ist Kommunismus!
Bewusst arbeiten - seine Kraft spüren. Die Schwierigkeit der Arbeit spüren, Arbeit schätzen lernen. Freude am Arbeitserfolg haben, Motivation zur Arbeit gewinnen. Die Bitterkeit des Misserfolges spüren, aus Fehlern lernen. Das ist Kommunismus!
Bewusst leben. Das Leben nicht mit Warten auf bessere Zeiten verschwenden, das Beste aus dem machen, was man hat. Jeden Augenblick erleben und selbst gestalten. Wirklich leben, nicht nur existieren. Sein Leben selbst bewusst gestalten, nicht nur funktionieren. Das ist Kommunismus!

 

(Wird fortgesetzt. Das gesamte Gründungsdokument der KPP kann unter kpp.aksios.de/dokument/manifest.htm gelesen werden.)

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Kleines Lexikon:

Kultur: Gesamtheit menschlicher Denk- und Handlungsstrukturen, -mechanismen und -produkte, deren konkrete Form oder sogar deren Inhalt nicht oder nicht nur durch einen biologischen oder technischen Zweck, sondern durch darüber hinausgehende Motivationen bestimmt werden.

Präparative Hauptetappe der kommunistischen Gesellschaft: Die Vorbereitung der kommunistischen Gesellschaft ist ein historischer Entwicklungsprozeß der Formierung der kommunistischen Idee, der kommunistischen Theorie, der kommunistischen Bewegung und des kommunistischen Denkens.

2. Phase der präparativen Hauptetappe der kommunistischen Gesellschaft: Die kommunistische Theorie entsteht auf der Basis der Entwicklung der wissenschaftlichen Methodologie als Einheit aus der Theorie der Ausbeutergesellschaft, der Theorie der Revolution und der Theorie der kommunistischen Gesellschaft als Beschreibung der gesellschaftlichen Realität, Beweis der Berechtigung und Realisierbarkeit des Kommunismus und Anleitung zum gesellschaftlichen Handeln.

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Impressum:

Parteiwappen der GO der KPP (11876 Bytes)

"Das rote Virus" - Redaktion
Kommunistische Programmpartei
Postfach 1450
06204 Merseburg
Deutschland

internet: http://www.aksios.de/virus

Chefredakteur: Ki-Heij Gi
Chefkorrespondent: Tec Dian
Satz und Layout: Science & Fantasy
Ausgabe Nr. 8, Mai 1999
Redaktionsschluss 20.5.1999
Erscheinungsweise: monatlich
Internet-Version

© 1999 by KPP

unveränderter Nachdruck, Digitalisierung und Vervielfältigung erlaubt und erwünscht.

Weiterverwendung in Fremdpublikationen, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung der Redaktion und der Autoren.


 

 

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Letzte Änderung: 9. Mai 2001 - © Kunst des Denkens 1999-2001