Offene Botschaften an die KP Chinas und die KP Kubas anlässlich der Gründung der Kommunistischen Programmpartei

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Beschluss: GO-13/1996
Abstimmung: Generalorganisation Annahme: einstimmig
Gültigkeit: Generalorganisation Klasse: operativ
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Die Kommunistische Programmpartei beschließt, die vorliegenden Entwürfe als Botschaften anlässlich ihrer Gründung an die Kommunistische Partei Chinas und die Kommunistische Partei Kubas zu senden. Die Botschaften sind offen und sollen nach Möglichkeit veröffentlicht werden. Interessierten Menschen und Organisationen soll vorgeschlagen werden, sich ihnen anzuschließen.

Merseburg, Deutschland, Europa, Terra 1. Mai 1996

Tec (1344 Bytes)

Tec Dian
Prikoordinator
Generalorganisation
Kommunistische Programmpartei

 

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Anhang 1: Offener Brief an die KP Chinas

An die Kommunistische Partei Chinas!

Die Volksrepublik China besteht nun bereits viele Jahrzehnte und hat in dieser Zeit immer eine große Rolle in der Welt und speziell in der kommunistischen Bewegung gespielt. Die Kommunistische Partei Chinas ist weltweit die größte Partei, die sich kommunistisch nennt. Kein Kommunist kommt daran vorbei, sein Verhältnis zur Volksrepublik China und zur Kommunistischen Partei Chinas zu klären. Als Kommunist wird man von den Menschen ständig mit der Politik der Kommunistischen Partei Chinas konfrontiert, teilweise sogar identifiziert. Die Zeit ist reif, darüber offen mit euch zu sprechen.
Wenn wir die praktische Politik der Kommunistischen Partei Chinas an der Theorie des Kommunismus messen, müssen wir leider feststellen, dass sie in kaum einer Beziehung als kommunistisch bezeichnet werden kann. Wir wollen euch nicht beleidigen oder ungerechtfertigt beschuldigen. Wir wollen sachliche Kritik üben, wie es unter Kommunisten üblich ist. Deshalb möchten wir unsere Feststellung begründen, wozu wir einige Beispiele aus wichtigen Bereichen eurer Politik anführen werden.

1.) Politisches System

Seit der Machtübernahme der Kommunistischen Partei Chinas ist euer politisches System dadurch bestimmt, dass die Partei entscheidet und der Staat, die restliche Gesellschaft folgt. Doch auch nicht die Partei entscheidet, sondern einzelne Funktionäre. Ihr praktiziert ein Führersystem, in dem es zwar nicht nur einzelne Führer, sondern auch Führungsgruppen gibt, das aber trotzdem auf der Unterordnung vieler unter die Gewalt einzelner beruht. Zentraler Punkt des Kommunismus ist die Gemeinschaftlichkeit, also die gemeinsame Gestaltung des Lebens und der Arbeit, die gemeinsame gesellschaftliche Entscheidung. Es ist offensichtlich, dass euer politisches System keinen Schritt in diese Richtung getan hat.
Ihr beklagt zunehmende Korruption und Inkompetenz in euren eigenen Reihen. Kommunisten wissen, dass das Sein das Bewusstsein bestimmt. Wenn Ihr euren Funktionären Macht gebt, dann solltet Ihr euch nicht wundern, wenn sie diese Macht für sich nutzen. Nicht nur die Kapitalisten, auch ihr spaltet eure Gesellschaft in Klassen, denn es ist unwichtig, ob sich ein Mächtiger Funktionär oder Manager nennt. Wer der wirkliche Eigentümer der Produktionsmittel ist, hängt nicht von der juristischen Form ab, sondern von der tatsächlichen Verfügungsgewalt. Die Spaltung der Gesellschaft in Klassen ist die Ursache der Ausbeutung. Solang ihr diese Spaltung aufrecht erhaltet, werdet ihr keinen Erfolg beim Aufbau des Kommunismus haben können.

2.) Wirtschaftliches System

Seit vielen Jahren werden in der Volksrepublik China private kapitalistische Betriebe gefördert. Auch die staatlichen Betriebe werden zunehmend nach kapitalistischen Methoden geführt. Die Reste der staatlichen Planung betreffen fast nur noch ökonomische Regulierungsmaßnahmen, wie in den meisten kapitalistischen Staaten auch. Von einer kommunistischen Gebrauchswertplanung wird so bald keine Spur mehr bleiben. Die chinesische Wirtschaft ist zu einer ganz normalen kapitalistischen Wirtschaft geworden, auch wenn die Anteile des staatskapitalistischen und des kleinkapitalistischen Sektors groß sind. Es ist völlig unwichtig, ob die Betriebe durch Funktionäre der Partei und des Staates oder durch Privatleute geleitet werden. Auch bei uns kennt man die Trennung von Besitzattribut und Besitzfunktion. Wenn Volkseigentum nur noch ein Name ist, die wirkliche Verfügung aber von einzelnen Funktionären, in kapitalistischen Staaten nennt man sie Manager, ausgeübt wird, dann ist Ausbeutung die logische Folge. Das weiß jeder nur halbwegs gebildete Kommunist.
Ihr nennt euch Kommunisten, aber ihr fördert die Privatisierung der Wirtschaft, anstatt ihre Vergesellschaftung, wie es Kommunisten tun müssten. Über Eure Wirtschaft bestimmt nicht das Volk, sondern wenige Besitzende und Mächtige. Die Mehrzahl der Arbeitenden muss sich verkaufen, muss sich den Privatinteressen dieser wenigen unterordnen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Das ist etwas, wogegen die Kommunisten schon immer gekämpft haben. Ihr holt ausländisches Kapital ins Land. Ihr erlaubt fremden Kapitalisten, eure Menschen für sich auszubeuten. Ihr verkauft euer Volk, damit die Kapitalisten die Probleme lösen, zu deren Lösung ihr selbst offensichtlich unfähig seid. Daher ist es Betrug, wenn ihr euch derjenigen wirtschaftlichen Erfolge rühmt, die die Kapitalisten in eurem Land haben. Und da diese Erfolge auf Ausbeutung beruhen, also der Gesellschaft letztlich mehr schaden als nützen, ist es eines Kommunisten unwürdig, sie zu feiern.

3.) Sozialpolitik

Die Produktionsverhältnisse bilden die Basis jeder Gesellschaft. Alle anderen gesellschaftlichen Verhältnisse werden von ihnen geprägt. Daher verwundert es nicht, dass sich die nichtkommunistischen Verhältnisse in der chinesischen Wirtschaft auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen niederschlagen.
Eine kapitalistische Wirtschaft hat immer die gleichen Folgen, die schon Marx beschrieb und an denen sie als kapitalistisch erkannt werden kann. Einige dieser Folgen, an denen auch die Volksrepublik China leidet, sind Polarisierung von Armut und Reichtum, Arbeitslosigkeit und Inflation. Für Kommunisten sind solche Zustände nicht tolerierbar. Sie sind es ja gerade, weshalb Kommunisten den Kapitalismus abschaffen wollen. Warum also lasst Ihr sie zu?
Es gibt immer wieder Äußerungen eurer Partei, dass das "westliche" Konsumdenken und die "westliche" Orientierungslosigkeit der Jugend eine Gefahr für die chinesische Gesellschaft sei. Ihr schiebt die Verantwortung dafür dem Ausland zu, aber Kommunisten wissen, dass das Sein das Bewusstsein bestimmt. Die Ursache muss also in der chinesischen Gesellschaft selbst liegen. Und da ihr diese Gesellschaft dominiert, ist es klar, dass es eure eigene Politik sein muss, die zu solchen Erscheinungen führt. Wenn ihr die private Wirtschaft, also das private Profitstreben fördert, braucht ihr euch nicht zu wundern, wenn für die Menschen nur noch das Geldverdienen zählt, wenn sie egoistisch werden. Wenn ihr hohe moralische Grundsätze predigt, aber im wirklichen Leben nicht danach handelt, braucht ihr euch nicht zu wundern, wenn die Menschen enttäuscht sind und sich von euch abwenden. So entsteht nicht nur politisches Desinteresse oder gar Feindschaft, auch immer mehr Menschen verfallen dem Alkohol und anderen Drogen. Für viele chinesische Menschen ist das das Aus.
Ihr rühmt euch eures Systems der sozialen Sicherheit. Doch in vielen Punkten ist es sogar schlechter als die sozialen Netze kapitalistischer Staaten wie der Schweiz, Schwedens und Deutschlands. Es ist immer mehr dazu da, die schädlichen sozialen Folgen des Kapitalismus aufzufangen. Für Kommunisten ist das kein Grund, stolz zu sein, kommt es für sie doch darauf an, diese Folgen erst gar nicht entstehen zu lassen. Ihr schafft die Ausbeutung nicht ab, ihr unterstützt sie, indem ihr ihre sozialen Folgen verschleiert.

4.) Justiz

Mit Schrecken sehen wir die Bilder von öffentlichen Erschießungen Krimineller in der Volksrepublik China. Geplanter Mord ist mit einer Weltanschauung unvereinbar, die das Leben und den Menschen achtet. Das Leben eines Menschen ohne Notwehr willkürlich zu beenden, ist für uns eines der schlimmsten vorstellbaren Verbrechen. Kommunisten töten nur in Notwehr. Ihr habt genügend Platz im Land, um den Kriminellen ein Gebiet zuzuweisen, in dem sie leben könnten, ohne die Gesellschaft weiter zu gefährden. Trotzdem ermordet ihr sie. Menschen sind doch nicht nur Namen, die man einfach durchstreicht.
Ihr sagt, das geschehe zur Abschreckung. Ausbeuter und Unterdrücker haben es nötig, die Menschen abzuschrecken, denn sie herrschen mit Zwang, Gewalt und Terror. Die Menschen durch Angst und Schrecken zu beherrschen, war niemals Ziel der Kommunisten. Kommunismus ist nur möglich, wenn sich die Menschen bewusst dafür entscheiden, nicht wenn sie aus Todesangst zustimmen. Im Übrigen gibt es die Todesstrafe bereits seit Tausenden von Jahren und immer mit der gleichen Begründung. Doch trotz aller Abschreckung ist die Kriminalität nicht verschwunden. Kommunisten wissen, dass das Sein das Bewusstsein bestimmt. Es sind eure gesellschaftlichen Verhältnisse, die die Kriminalität erzeugen. Daran werden auch Justizmorde nichts ändern, so wie in allen anderen Ausbeuterstaaten auch.
Jede Gesellschaft hat das Recht, sich zu schützen. Doch legaler Mord ohne Notwehr ist keine Verteidigung. Damit wird die kommunistische Entwicklung nicht geschützt, sondern unmöglich gemacht. Die Todesrichter sind zu feige, die von ihnen angeordneten Morde selbst vorzunehmen, sie benutzen Befehlsempfänger. Für Kommunisten ist es würdelos, die Konsequenzen seiner Entscheidungen auf andere abzuwälzen. Neben dem Mord selbst ist es ein weiteres Verbrechen, andere Menschen zu zwingen, ebenfalls zu Mördern zu werden. Müssten die Todesrichter ihren Opfern selbst das Messer an die Kehle setzen, vielleicht würden dann einige von ihnen nach menschlichen, nach kommunistischen Alternativen suchen.

5.) Religion

Seit vielen Jahren gibt es Streit zwischen der Volksrepublik China und dem Dalai Lama. Es ist für uns keine Frage, dass der Dalai Lama nur ein entmachteter Herrscher ist, der seine Macht zurück haben will. Alles Gerede von Freiheit für das Volk und nationaler Selbstbestimmung für Tibet sind nur fromme Lügen.
Die Nachrichten, die wir aus Tibet erhalten, überraschen uns aber aus anderen Gründen. Wir erfuhren, dass ihr euch direkt in die religiösen Belange des Lamaismus eingemischt habt, indem ihr die Einsetzung des neuen Panschen Lama organisiert habt. Uns interessiert das Schicksal der lamaistischen Religion nicht besonders. Uns interessiert vielmehr, wie es möglich ist, dass sich Kommunisten an der Propagierung und Stabilisierung einer Religion beteiligen, obwohl bereits Marx feststellte, dass Religion Opium für das Volk ist. Das tun nur Leute, die wollen, dass sich das Volk berauscht, um es besser beherrschen zu können. Das ist mit dem kommunistischen Grundprinzip der Bewusstheit völlig unvereinbar und lässt euch nicht eben in einem guten Licht erscheinen.
Und noch ein anderes Problem wirft sich hier auf. Hier wird ein Kind für eure Machtinteressen geopfert. Die Kindheit dieses Jungen ist praktisch beendet. Er hat jede Freiheit verloren, über sein Leben zu entscheiden. Wider jede Vernunft wird ihm eine göttliche Bestimmung eingeredet. Dass ihr das erlaubt, wäre schon schlimm, dass ihr euch daran beteiligt, ist menschenverachtend, denn ihr tut das nicht etwa, weil ihr an diesen Unsinn glaubt, sondern weil es euch politisch nutzt. Menschen sind offensichtlich für euch bloß Schachfiguren. Wie wenig müssen euch Menschen wert sein, dass ihr sie verkauft, und wie wenig muss euch eure kommunistische Überzeugung wert sein, dass ihr sie verratet.
Merkwürdig ist auch, dass ihr es billigt, dass statt medizinisch geschulter Ärzte in den Kliniken Tibets Astrologen und Gesundbeter ihr Unwesen treiben. Das hat nichts mit der Achtung der Kultur der Menschen zu tun, das ist finsteres Mittelalter. Genauso erlaubt ihr, dass angebliche Medizin verschrieben und verkauft wird, die mit Sicherheit nicht hilft, außer denjenigen, die daran verdienen. Beispielsweise steht das Nashorn bereits kurz vor dem Aussterben, und das nicht zuletzt, weil sein Horn in China als angebliches Potenzmittel verkauft wird. Kommunisten sind für das wissenschaftliche Denken. Sie wissen, dass die Menschen lernen müssen, wenn sie wirklich weiter kommen wollen. Sie wissen, dass Kranke echte Ärzte und echte Medikamente brauchen, wenn sie gesund werden wollen. Sie wissen, dass man den Betrug am Volk durch Scharlatane bekämpfen muss, anstatt ihn zu fördern. Wenn ihr Kommunisten seid, dann solltet ihr das auch wissen.

6.) Kernwaffen

Wir Kommunisten wissen, dass es ohne Zukunft sinnlos ist, gegen die Ausbeutung zu kämpfen, denn unser Kampf ist ein Kampf um die Zukunft. Folglich ist es für uns unsinnig, die Zukunft der Menschheit zu bedrohen. Wie jeder weiß, besitzt ihr solche Mittel, die die Zukunft der Menschheit bedrohen, ihr besitzt Kernwaffen. Ihr begründet dies mit der Notwendigkeit zur Verteidigung, doch Kernwaffen sind Angriffswaffen. Ihr begründet dies mit der Notwendigkeit des Gleichgewichts zu den anderen Atommächten, doch dieses Gleichgewicht ist auch durch eure Beteiligung am Wettrüsten erst auf dieses hohe, tödliche Niveau gestiegen. Es gibt viele Staaten auf der Welt, die keine Atomwaffen besitzen, die mit Atommächten Konflikte haben und die trotzdem in Frieden leben. Es ist also völlig unnötig, viele Millionen Menschen mit dem Tod zu bedrohen, um selbst in Frieden leben zu können. Das trifft für euch um so mehr zu, da ihr über das größte Menschenpotential der Erde verfügt, Menschen, die im Ernstfall ihr Land verteidigen können. Euer Vertrauen in euer Volk kann nicht besonders groß sein, wenn ihr Menschen durch Raketen ersetzt. Aber vielleicht dienen eure Kernwaffen ja gar nicht der Verteidigung. Wenn sie der Einschüchterung und Erpressung eurer Nachbarn dienen, ist eure Politik zu verstehen. Dann könntet ihr euch auch tatsächlich nicht auf euer Volk verlassen, denn die Menschen würden zwar ihre Heimat verteidigen, aber ob sie militärische Überfälle so einfach mitmachen würden, ist ungewiß. Aber wenn das wirklich so ist, dann ist eure Kernwaffenpolitik keinesfalls kommunistisch.
Kernwaffentests sind noch kein Kernwaffeneinsatz, aber sie bringen einen Atomkrieg näher. Wer Kernwaffen testet, der bereitet sich auf ihren Einsatz vor. Wer Kernwaffen testet, der versucht, die Menschen an den Gedanken eines Atomkriegs zu gewöhnen. Wer Kernwaffen testet, der tut das, um sie weiterzuentwickeln, um sie zu noch perfekteren Tötungsmaschinen zu machen. Außer der Bedrohung des Friedens haben Kernwaffentests auch verheerende Wirkungen auf unsere Umwelt. Obwohl sie heute im Allgemeinen unterirdisch durchgeführt werden, setzen sie eine nicht unbeträchtliche Menge Radioaktivität frei, die über den Boden an die Atmosphäre abgegeben wird. Diese Strahlung verursacht genetische Defekte. Wer Kernwaffentests durchführt, begeht eine Körperverletzung, denn er ist für die Erkrankung vieler Menschen verantwortlich, auch wenn die Opfer nicht namentlich ermittelt werden können, sondern nur durch eine unpersönliche Statistik. Kernwaffentests machen Gebiete unbewohnbar und zerstören die Erdkruste. Mit Sicherheit ist die Zunahme der Erdbeben auf der Welt auch den Erschütterungen durch die Kernwaffentests zu verdanken. Das liegt wohl kaum im Interesse des chinesischen Volkes. Das sind genau die zerstörerischen Wirkungen des internationalen Konkurrenzkampfes der Ausbeuter, gegen die die Kommunisten kämpfen.

7.) Taiwan

Einer eurer Nachbarstaaten ist Taiwan. Wir wissen, dass es einmal einen einheitlichen Staat China gab. Wir wissen aber auch, dass die chinesischen Kommunisten nach der Flucht der Guomindang zu feige waren, sich mit den USA anzulegen und deshalb Taiwan an die Ausbeuter ausgeliefert haben. Das werfen wir euch heute nicht vor, denn die Mehrzahl der Mitglieder der Kommunistischen Partei Chinas gehört zur nachrevolutionären Generation, und auch sonst ist sehr viel Zeit vergangen. Wichtig ist heute nur eines, es bestehen heute zwei unterschiedliche chinesische Staaten, die Volksrepublik China und Taiwan. Wir interessieren uns nicht für eure diplomatischen und formaljuristischen Spielchen. Uns ist es egal, ob ihr Taiwan anerkennt oder wie ihr es definiert, denn seine Existenz ist ein Fakt, der nicht wegzureden ist. 1949 wäre eine Invasion auf der Insel eine Fortführung der chinesischen Revolution gewesen. Heute wäre es ein ganz normaler Krieg. Staaten, die eine längere Zeit nebeneinander existiert haben, stellen gegenseitig oder auch nur einseitig territoriale Ansprüche aneinander, die mit irgendwelchen historischen oder ethnischen Fakten begründet werden. Und schließlich überfällt einer den anderen. Wie viele Raubkriege wurden schon auf diese Art begonnen.
Um so besorgter sind wir, seit die Volksrepublik China die Spannungen zu Taiwan verstärkt. Eure Militärmanöver und die Äußerungen eurer Militärs und politischen Sprecher können nur als militärische Provokation gewertet werden. Wenn wirklich die Befreiung eurer Landsleute in Taiwan euer Ziel ist, dann wäre es unlogisch, sie mit Tod und Zerstörung zu bedrohen. Wenn ihr wirklich die Menschen befreien wollt, dann dürftet ihr sie nicht mit Morddrohungen unter eure Herrschaft zwingen wollen, denn Menschen, die aus Todesangst gehorchen, sind nicht frei. Da sie keinen Kommunismus von euch erfahren, sind sie auch selbst nicht zum Kommunismus fähig. Doch wenn ihr einfach nur ein Stück Land erobern wollt, für das ihr zufällig eine historische Rechtfertigung habt, dann seid ihr keine Kommunisten, so etwas machen nur Räuber, Ausbeuter.
Kommunisten sind Internationalisten. Phrasen von der nationalen Einheit des Volkes sind ihnen fremd. Nationalität wird nur von Herrschern definiert, um ihre Herrschaftsansprüche zu untermauern. Wenn eure Gesellschaft tatsächlich die bessere Alternative zu Taiwan wäre, so würden es die Menschen in Taiwan früher oder später sehen und würden sich bewusst und ohne Drohungen für euch entscheiden. Wenn die Ausbeuter sich dann weigern, dem Volk die Freiheit der Entscheidung zu lassen, dann ist es Zeit zum Kampf eures Volkes für das taiwanesische Volk. Vorher jedoch ist es nur ein Krieg zweier Staaten um Macht, in dem die Völker nur Vieh sind, das beliebig geschlachtet werden kann.

Die hier gegebene Darstellung ist weder vollständig noch besonders ausführlich. Aber die Fakten sind so mächtig, dass sich eine absolut eindeutige Schlussfolgerung ziehen lässt. Die Politik der Kommunistischen Partei Chinas ist in keiner Weise kommunistisch. Die kommunistischen Grundprinzipien der Gemeinschaftlichkeit und der Bewusstheit werden faktisch in allen gesellschaftlichen Bereichen missachtet. Kommunistische Eigentumsverhältnisse oder auch nur die Tendenz dorthin gibt es nicht. Kommunistische Gebrauchswertplanung wird im Wesentlichen kaum noch durchgeführt. Kommunistische Solidarität gibt es nicht und die zwischenmenschlichen Beziehungen entfernen sich immer weiter davon. Ein kommunistisches System der politischen Entscheidung existiert noch nicht einmal in Ansätzen. Eine kommunistische Justiz existiert nicht oder kann aufgrund der heute herrschenden nichtkommunistischen gesellschaftlichen Wertvorstellungen nicht mehr ehrlich vertreten werden. Eine kommunistische Stellungnahme zur Religion und zur bürgerlichen Opposition wird nicht vorgenommen. Ein kommunistisches Verteidigungssystem existiert nicht. Der chinesische Staat, die chinesische Gesellschaft, die Kommunistische Partei Chinas sind feudalistisch-kapitalistisch geprägt. Es werden Führerprinzip und Machtpolitik betrieben. Es herrschen Egoismus, Gier, Herrschsucht und Karrierismus. Ihr verhaltet euch nicht wie Kommunisten, wenn ihr die Probleme, die aus eurer Politik entstehen, dem Einfluss des Westens zuschiebt, wenn ihr einen Sündenbock sucht, anstatt die Verantwortung für euer Versagen selbst zu tragen.
Wir sind Kommunisten, und da auch ihr euch Kommunisten nennt, müssen wir uns immer wieder eure Politik vorwerfen lassen. Wir sind nicht länger bereit, eine unserer Grundüberzeugung widersprechende Politik zu verteidigen. Wir sind nicht länger bereit, Menschen als Genossen und Freunde zu akzeptieren, die den Namen des Kommunismus für ihre privaten Ambitionen missbrauchen und so diskreditieren.

Daher fordern wir von euch:

Wenn ihr wirklich Kommunisten seid, wenn ihr wirklich kommunistische Werte habt, dann verhaltet euch auch wie Kommunisten. Ändert eure Politik und zeigt uns, dass euer bisheriges Verhalten nur ein Fehler war und kein absichtlicher Betrug. Dann sind auch wir bereit, euch die Hand zu reichen und gemeinsam für eine kommunistische Zukunft zu kämpfen. Seid ihr dazu aber nicht bereit, so fordern wir, dass ihr nicht länger im Namen des Kommunismus sprecht. Dann legt euren kommunistischen Namen ab! Wenn ihr keine Kommunisten seid, habt ihr auch kein Recht, diesen Namen der Gerechtigkeit, Freiheit und Solidarität zu tragen. Wenn ihr euch nicht wie Kommunisten verhaltet, euch aber so nennt, müssten wir es laut sagen, dass ihr Betrüger seid, nicht besser als die lügenden Ausbeuter anderswo.
Seit 47 Jahren ist die Kommunistische Partei Chinas an der Macht - genug Zeit für Entscheidungen, genug Zeit für Geduld und Verständnis. Zuviel Zeit sogar, wenn man die Entwicklung der ehemals realsozialistischen Staaten Europas betrachtet. Wir warten gespannt auf eure Reaktion, denn wir haben die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Redet mit uns, bitte.

Mit kommunistischen Gruß

Tec Dian
Prikoordinator
Generalorganisation
Kommunistische Programmpartei

PS.: Diese Botschaft richtet sich an die Kommunistische Partei Chinas, nicht nur an ihre Vertreter. Wir hoffen daher, dass die Organisatoren der Kommunistischen Partei Chinas dafür sorgen, dass unsere Botschaft ihren Adressaten erreicht.

 

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Anhang 2: Offener Brief an die KP Kubas

Salut Genossen!

Voller Sympathie, aber auch voller Sorge blicken wir auf euer Land. Der Zusammenbruch des europäischen Realsozialismus hatte schwerwiegende Folgen für euch. Aber auch die Entwicklungen innerhalb eurer Gesellschaft sind nicht ohne Probleme. Wir hoffen, dass ihr für die Zukunft eures Landes die richtigen Entscheidungen treffen werdet. Dabei tragt ihr nicht nur die Verantwortung für euer Volk, sondern wenn ihr eine kommunistische Partei seid, auch eine Verantwortung für die internationale kommunistische Bewegung.
Die Lage und die Vorgänge in Kuba sind nicht so, dass man sich zufrieden zurücklehnen könnte. Als Kommunisten und damit als Internationalisten fühlen wir die Pflicht, auch die Probleme in anderen Ländern zu unseren Problemen zu machen. Um aber Probleme lösen zu können, muss man sie zuerst erkennen und genau analysieren. Man muss ihre Ursachen herausfinden und beseitigen, will man nicht immer wieder von vorn beginnen.
Es ist die Pflicht der Kommunisten, sich gegenseitig zu helfen. Das heißt insbesondere auch, sich gegenseitig durch Kritik auf Fehler aufmerksam zu machen, Erkenntnisse über den Weg zu ihrer Korrektur auszutauschen. Da wir uns diese Pflicht auferlegen und sehen, dass ihr Schwierigkeiten habt, die ihr immer weniger beherrschen könnt, möchten wir hier eine kurze Kritik eurer Politik vornehmen und kommunistische Alternativen vorschlagen. Es ist dies keine Einmischung in eure Angelegenheiten, sondern Solidarität mit euch, Anteilnahme an eurem Schicksal.
Unser Wissen über euer Land und eure Partei ist nicht besonders groß. Wir geben zu, dass wir nicht in der Lage sind, die ganze Komplexität der Verhältnisse in Kuba zu erkennen. Daher erhebt unsere Kritik auch keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Wir liefern hier keine genaue und umfassende wissenschaftliche Analyse eurer Gesellschaft. Aber was wir über euch wissen, reicht aus, bestimmte allgemeine Entwicklungstendenzen festzustellen, die in eine Richtung gehen, die uns als Kommunisten bedrohlich erscheint.
In den letzten Jahren habt ihr euer Land wirtschaftlich immer mehr dem Kapitalismus ausgeliefert. Durch Freigabe verschiedener Wirtschaftsbereiche für private Wirtschaftstätigkeit ist in Kuba eine nicht gerade schwache kleinbürgerliche Mittelschicht entstanden beziehungsweise wiederaufgelebt, die den Reichtum des nicht eben besonders reichen kubanischen Volkes abschöpft und als ihr privates Eigentum anhäuft. Nicht nur, dass das nichts mit Sozialismus, und schon gar nicht mit Kommunismus, zu tun hat, es zerstört auch die solidarischen zwischenmenschlichen Beziehungen in eurem Land. Es fördert Neid, Gier, Egoismus und Konkurrenz. Das aber bedeutet Kampf, zuerst zwischen einzelnen Menschen, dann schließlich wieder Klassenkampf. Für Kommunisten ist das der falsche Weg. Diese Wirtschaftspolitik ist schon oft genug gescheitert. Die Neue Ökonomische Politik (NÖP) Lenins führte genauso ins Fiasko wie die Perestroika Gorbačëvs. Die Privatwirtschaft kann die Probleme einer kommunistisch orientierten Gesellschaft nicht lösen, sie schafft neue.
Die Entstehung neuer Kapitalisten ist nicht das einzige Problem eurer Wirtschaftspolitik. Ihr holt euch ausländisches Kapital ins Land, um eure Lage zu verbessern. Kapitalisten investieren aber nur, wenn sie mehr aus einer Sache herausholen können, als sie hineinstecken. Sie machen Profit auf Kosten der Arbeitenden. Wenn ihr ausländisches Kapital nach Kuba holt, tut ihr nichts anderes, als eure Menschen ausbeuten zu lassen. Ihr verkauft die Arbeiter, ihre Arbeit, zu einem Bruchteil ihres Wertes. Das widerspricht nicht nur der kommunistischen Moral, wonach Ausbeutung nicht sein darf. Es ist auch ökonomisch unklug, denn anstatt wertvolle Arbeitskraft für Fremde zu verschleudern, solltet ihr sie lieber für euch einsetzen.
Was euch fehlt, ist eine klare Aufbauplanung. Seit 1959 hattet ihr dafür Zeit, und noch immer seid ihr vom internationalen Zuckermarkt abhängig. Anstatt zu überlegen, was ihr braucht und was ihr habt, und dann an die Arbeit zu gehen, klagt ihr noch immer über den ungerechten Welthandel. Der Welthandel ist kapitalistisch. Kein Volk oder Staat hat hier gegenüber den Profitinteressen der Kapitalisten irgendwelche Rechte. Wenn man nicht gerade selbst zum Ausbeuter werden will, und Kommunisten wollen das nicht, dann kann man Reichtum und Wohlstand nur durch eigene Arbeit erlangen. Kapitalimport hat noch kein Entwicklungsland reich gemacht, nur die Kapitalisten. Zwar entstehen so einige moderne Industriebetriebe, aber der Nutzen trifft nicht das Volk. Der Staat versinkt in Auslandsschulden und die Menschen werden wieder in Reiche und Arme, in Gewinner und Verlierer gespalten. Kommunisten kommen ohne Ausbeuter aus. Der Weg ist echtes gesellschaftliches Eigentum an Produktionsmitteln und echte Gebrauchswertplanung. Ihr habt ein großes Arbeitskräftepotential. Erforscht, was nötig ist, und setzt eure Arbeitskraft entsprechend ein. Denkt nicht nur in Tagesaufgaben, sondern erarbeitet eine klare Strategie. Ihr solltet euch nicht für internationale technische Standards interessieren. Macht etwas aus dem, was ihr habt. Die Menschen können auch glücklich sein und in Wohlstand leben, ohne dass sie die letzte technische Mode der kapitalistischen Welt besitzen.
Versucht gar nicht erst, eure Wirtschaft finanziell zu steuern. Die klassische wirtschaftliche Rechnungsführung Lenins ist nur ein schlechter Versuch, den Kapitalismus zu imitieren. Daher muss sie scheitern, wie auch der Kapitalismus scheitern muss. Das beweist der wirtschaftliche und schließlich auch politische Niedergang des europäischen Realsozialismus. Steuert Eure Wirtschaft statt dessen durch echte Bedarfsplanung. Werft das Geld aus der eigentlichen Produktion hinaus. Macht es nur noch zum Mittel des Einzelhandels. So könnt Ihr die Lohnhöhe auf einem bestimmten Niveau festlegen und die Preise schrittweise so senken, wie ihr eure Produktion steigert. So löst ihr auch gleich die Probleme der Inlandsverschuldung, der Arbeitslosigkeit und der Inflation.
Dazu muss natürlich ein weiterer Fehler korrigiert werden. Die Freigabe des US-Dollars hatte schlimme gesellschaftliche Folgen für euer Land. Auch hier erfolgte wieder eine Spaltung der Gesellschaft in Dollarbesitzer und Pesobesitzer. Im Allgemeinen ist es dabei nicht so, dass der Dollarbesitzer besser oder mehr arbeitet, er hat bloß mehr Glück. Dann ist es doch ungerecht, dass er eine viel bessere sozialökonomische Stellung hat. Kommunisten sind für die sozialökonomische Gleichstellung der Menschen, weil sie wissen, dass die Gegensätze sonst früher oder später die Gesellschaft zerstören, sie aber mindestens schwer schädigen. Gäbe es nicht den grauen und schwarzen Dollarmarkt, hättet ihr viel weniger Probleme mit Betrug, Spekulation, Veruntreuung, Korruption und Prostitution. Ihr braucht kein kapitalistisches Geld, wenn ihr eure Wirtschaft kommunistisch plant und leitet. Wenn ihr dieser Entwicklung nicht bald einen Riegel vorschiebt, seid ihr bald wieder bei den Zuständen Batistas. Und was mit dem geschehen ist, das wisst ihr ja selbst am besten.
Auch in den europäischen realsozialistischen Staaten wollten viele Funktionäre nicht glauben, dass es so nicht weitergeht. Heute stehen sie entweder vor den Scherben ihrer Ignoranz oder haben bewiesen, dass sie gar nicht wirklich Kommunisten waren, sondern bereit sind, ihr Volk zu verkaufen, nur um an der Macht teilzuhaben. Wenn wir eure Entwicklung betrachten, befürchten wir, dass auch in eurer Partei solche Leute an Einfluss gewinnen. Lasst nicht zu, dass eure Revolution zerstört wird. Werft die Verräter hinaus, wie ihr einst die Diktatur Batistas verjagt habt. Karrieristen sind gefährlich. Sie sitzen mit euch in Büros, isolieren sich selbst und auch euch von den wirklichen Problemen des Volkes und entscheiden über dessen Kopf hinweg. Sie haben Angst vor dem Volk und versuchen, es zu beherrschen.
Kommunisten dürfen keine Angst vor dem Volk haben. Dem Volk mit Misstrauen zu begegnen, ihm Geheimdienste und Spitzel auf den Hals zu hetzen, schafft eine schlechte, lähmende und explosive Atmosphäre. Auch das ist dem europäischen Realsozialismus zum Verhängnis geworden. Wir wissen, dass das Vertrauen des Staates und der Partei in das Volk drastisch abgenommen hat. Es ist ein Spannungsverhältnis entstanden, das sich eine kommunistische Partei auf die Dauer nicht leisten kann. Die Zeiten der Arbeitseinsätze der Ministerien mit Che Guevara sind leider lange vorbei. Zeigt wieder, dass ihr Teil des Volkes seid. Teilt die Arbeit und die Probleme. Legt die Privilegien ab, die sich im Laufe der Jahre bei euren Funktionären angesammelt haben. Wenn sich die Spitze einer kommunistischen Partei vom Volk isolieren lässt, verliert sie zuerst den Blick für die Realität, dann ihre Basis und schließlich die gesellschaftliche Perspektive.
Wir haben Angst um euch. Wir sind keine Besserwisser, viele von uns haben selbst das Schicksal erfahren, auf welche Art der Sozialismus zusammenbricht und welche verheerenden Folgen für die Menschen und für die kommunistische Bewegung sich damit verbinden.
Wir urteilen nicht aufgrund willkürlicher Meinungen, sondern aufgrund der Theorie des Kommunismus. Wir denken, eindeutig gezeigt zu haben, welche Gefahren über Kuba und seinen Kommunisten schweben.

Daher appellieren wir an euch:

Im Interesse eurer Menschen, im Interesse eurer Zukunft, lasst die Katastrophe nicht zu! Macht aus eurem Land mehr als nur ein verblassendes Symbol! Wir stehen zur Solidarität bereit - aber zeigt uns, dass es sich lohnt - zeigt uns, dass Ihr Kommunisten seid.

Mit kommunistischen Gruß

Tec Dian
Prikoordinator
Generalorganisation
Kommunistische Programmpartei

PS.: Diese Botschaft richtet sich an die Kommunistische Partei Kubas, nicht nur an ihre Vertreter. Wir hoffen daher, dass die Organisatoren der Kommunistischen Partei Kubas dafür sorgen, dass unsere Botschaft ihren Adressaten erreicht.

 

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